
Machtworte – Inspektion der Herrschaftssprache
Zukunftstechnologie
Können Politiker wissen, welche Produkte künftig gefragt sind, wenn sie heute Fördermittel verteilen? Eine Kritik und ein Grundkurs Marktwirtschaft.
Der Gegenwart. — 24. April 2023
Nach Merkels Rücktritten als CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin ist auch unter ihren Anhängern Ernüchterung über ihre Hinterlassenschaft eingetreten. Zwar wird sie von ihren formellen Rivalen aus dem roten und grünen Parteienklüngel und vom medialen Establishment weiterhin hofiert – jüngstes Beispiel ist die Überreichung des höchsten Bundesordens durch Steinmeier (SPD). Doch in nüchternen Momenten schwant auch manchen Nachfolgern, dass Merkel die CDU programmatisch „entkernt“ habe.
Auf ein kleines, aber drastisches und offensichtliches Beispiel für diese Entkernung soll hier hingewiesen werden.
Tauchen wir zunächst ganz kurz in die Geschichte:
Der Wirtschaftswissenschaftler Ludwig Erhard hatte das Konzept der Marktwirtschaft entwickelt und als CDU-Politiker umgesetzt. Ludwig Erhard war von 1945 bis 1946 Wirtschaftsminister in Bayern, von 1948 bis 1949 Direktor für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, von 1949 bis 1963 Bundesminister für Wirtschaft, anschließend von 1963 bis 1966 Bundeskanzler.
Die Marktwirtschaft ist das Erfolgsmodell, das die CDU vertreten hat und mit dem sie deshalb auch als Partei erfolgreich war und auf die Politik der Bundesrepublik ausgestrahlt hatte. Wenn man die Bundesrepublik von ihrer Gründung bis zur deutschen Einheit in wenigen Sachverhalten beschreiben wollte, würde man nicht ohne die beiden Begriffe Demokratie und Marktwirtschaft auskommen. Das war wie ein paar Schuhe, in denen der Bundesbürger stand, ging und in den Wohlstand sprang. Mit diesem Schwung kam Deutschland nach dem Zusammenbruch auch wieder an die Spitze der prosperierenden und geachteten Länder.
Das ist nun Geschichte. Von der damaligen Erfolgsspur wurde die Republik auch von der entkernten CDU gebracht. Die beiden Pantoffeln, in denen heutzutage der Bundes-Untertan zu schlurfen sich bemüht, heißen Klimaschutz und Masseneinwanderung.
Die Bundesrepublik wird aktuell im Europaparlament auch von Dr. Christian Ehler vertreten, Mitglied der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten). Als solcher veröffentlichte er kürzlich in einem regionalen Anzeigenblatt eine ganz klein als „PR-Anzeige“ gekennzeichnete Information, jedoch sehr nah am redaktionellen Layout und als „Kolumne“ kaum von journalistischen Inhalten zu unterscheiden. Die Überschrift „Brandenburg wird Zentrum für Batterietechnologie“ verspricht eine Erfolgsgeschichte, mit der sich der Politiker vorteilhaft darstellen kann. Tausende geschaffene Arbeitsplätze etc. pp.
Repro: Märkischer Sonntag, 23. April 2023
Ganz selbstverständlich fließen Bemerkungen ein, wie: „es müssen Innovationen gefördert werden“, „Batteriezellen sind eine Zukunftstechnologie“ und es „muss eine geschlossene Wertschöpfungskette für Batteriezellen entstehen“.
Der Text, und insbesondere der oben faksimilierte Satz ...
Der Gesetzesvorschlag ist das zentrale legislative Element, bestimmte Technologien international wettbewerbsfähig zu machen.
... läßt einem den Hut hochgehen. Denn der Pferdefuß steht ja gleich dabei: man will „einfachere Zugänge zu Fördermitteln“.
Nun ist der CDU-Parlamentarier Dr. Christian Ehler, Jahrgang 1963, kein Dummer, kein Studienabbrecher oder bloßer Sprücheklopfer. Dr. Christian Ehler hat u.a. Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) studiert – ausgerechnet Volkswirtschaftslehre! Er wird studiert haben, wie Ludwig Erhard mit der freien Marktwirtschaft eine freie und wohlhabende Gesellschaft auf den Weg gebracht hat.
Muß man Dr. Christian Ehler wirklich auseinandersetzen, dass der zentrale Gedanke der Marktwirtschaft die freie Preisbildung ist? Nur ein freier Markt führt Akteure zur Kooperation zusammen. Jeder einzelne Handelsvorgang, mit dem in Millionen subjektiven Entscheidungen Anbieter und Nachfrager einen Ausgleich finden, sendet ein Preissignal in den Markt zurück.
Friedrich August von Hayek hat 1968 in einem Vortrag … den Wettbewerb zwischen Anbietern und Nachfragern auf etablierten, offenen Märkten als „Entdeckungsverfahren“ charakterisiert,
... berichtet Karl Farmer in einem Artikel des Austrian Institute. Millionen dieser frei gebildeten Preise geben im „Entdeckungsverfahren“ der Marktwirtschaft die Orientierung und die Richtung für alle Anbieter und alle Nachfrager. Die frei ermittelten Preise sagen den Produzenten, was und wie produziert werden soll, denn solche Preise signalisieren Knappheiten. Das ist leicht zu verstehen, schon gar für einen Absolventen eines Studiums der Volkswirtschaftslehre.
Nicht das „angemaßte Wissen“ (Mises) von Zentralbürokraten und Politikern zählt. Nicht die noch so gute Absicht zählt, sondern sie verzerrt. Nicht umsonst ist bei Amazon-Rezensionen vermerkt: „Verifizierter Kauf“ – nur ein tatsächlicher Erwerber soll ein fundiertes Urteil abgeben, an dem sich andere orientieren können.
Andreas Tögel schreibt 2014 im Kommentar „Schwerer Angriff auf das Bargeld“:
Einmal mehr zeigt sich die von Ludwig Mises beschriebene „Interventionsspirale“ in ihrer ganzen Pracht: Hat der Staat erst einmal damit begonnen, in Wirtschaftsabläufe einzugreifen, gibt es kein Halten mehr. Zuerst zerstört er seinen eigenen Haushalt, dann verbündet er sich zum Schaden der Bürger mit der Finanzindustrie und am Ende kassiert er die letzten Reste der Freiheit, indem er privates Eigentum konfisziert …
Die „Interventionsspirale“ sehen wir auch im bis zur Unkenntlichkeit verzerrten Fahrzeug-„Markt“, zu der die vom CDU-Parlamentarier Dr. Christian Ehler beworbene Batteriezellenfertigung für die Elektromobilität zählt. Wer ein Auto kaufen möchte, wird mit Steuergeld auf einen bestimmten Antrieb „gelenkt“, die Preise werden mit den Steuermillionen der Kaufprämie verzerrt.
Können wir Dr. Christian Ehler vertrauen, wenn er in seinem Metier, der Volkswirtschaftslehre, bereits das Einmaleins von Hayek, Mises und Erhard vergessen hat? Sollen wir Dr. Christian Ehler glauben, wenn er sich mit seiner „PR-Anzeige“ zu einem Thema zu Wort meldet, von dem er sicherlich weniger versteht als Prof. Fritz Indra, der ehemalige Leiter der Vorausentwicklung bei General Motors? Der „Motorenpapst“ Fritz Indra berichtet, dass die Firma Bosch aus der Batteriefertigung ausgestiegen ist und auch Daimler das Thema Wasserstoff als Pkw-Antrieb fallengelassen hat.
Dank des CDU-Parlamentariers Dr. Christian Ehler und vieler seiner Kollegen aus fast allen Parteien werden nicht eigenverantwortliche Firmen auf ihr eigenes Risiko das beste Verfahren, den besten Antrieb entdecken. Sondern der Steuerzahler wird für die Irrwege bezahlen, in die die Politik heute ganze Branchen mit Fördergeldern hineinlockt.
Unser Ziel ist, dass Deutschland und Europa einen Anteil von 30 Prozent an der weltweiten Produktion von Batteriezellen erreichen.
Wenn ein Unternehmer so spräche, würde man sagen: OK, soll er mal versuchen. Das schreibt aber der Politiker Dr. Christian Ehler.
Ludwig Erhard würde sich sehr wundern. ■
Ludwig Erhard
Ludwig Erhard gilt als Vertreter des Ordoliberalismus, der im Wesentlichen von Walter Eucken in dessen Werk Grundlagen der Nationalökonomie aus dem Jahr 1939 geprägt wurde. Im Ordoliberalismus kommt dem Staat die Aufgabe zu, einen Ordnungsrahmen für freien Wettbewerb zu erzeugen, in der die Freiheit aller Wirtschaftssubjekte (auch voreinander) geschützt wird. Aus dieser Schule hatten besonders Wilhelm Röpke und Leonhard Miksch unmittelbaren Einfluss auf die Wirtschaftspolitik im ersten Jahrzehnt der Bundesrepublik, jedoch wird der Einfluss von Eucken und Miksch auf Erhard von mancher Seite als eher gering eingeschätzt. Als zweites wirtschaftspolitisches Konzept hatte die von Alfred Müller-Armack entworfene Soziale Marktwirtschaft grundsätzlichen Einfluss auf die Politik der jungen Bundesregierung, wobei sich allerdings Erhards Auffassung dieses Konzepts von der Müller-Armackschen Auffassung erheblich unterschied. Die großen Wahlsiege der CDU bei den Bundestagswahlen von 1953 und 1957 waren zum erheblichen Teil der erfolgreichen Strategie zu verdanken, den (tatsächlich internationalen) Wirtschaftsaufschwung im Bürgerbewusstsein mit dem Unionsleitbild der Sozialen Marktwirtschaft zu verknüpfen. In seinem populären Buch Wohlstand für Alle (1957) legte Erhard seine Vorstellungen allgemeinverständlich dar. (Wikipedia)
Christian Ehler
Dr. Christian Ehler absolvierte nach dem Abitur ab 1986 ein Studium der Journalistik, der Politologie und der Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der American-University Washington, D.C. In der Zeit von 1990 bis 1991 war er Assistent der Geschäftsleitung der ddp/ADN. Nach einer Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München erfolgte 1993 seine Promotion zum Dr. rer. pol. an der LMU München mit der Arbeit Die U.S.-Handelspolitik in den Reagan-Jahren – das reaktive Interaktionsmuster zwischen Präsident und Kongress. (Wikipedia)
Entdeckungsverfahren
Austrian Institute of Economics & Social Philosophy: Wettbewerb als Entdeckungsverfahren | Prof. Dr. Karl Farmer (8. Januar 2020; 1:05:53 Std.)
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„Wasserstoff wird a nix!“
Karsten Arndt/Alte Schule – die goldene Ära des Automobils: „Wasserstoff wird a nix!“ – Prof. Fritz Indra über H2 als direkte Energiequelle im Auto. (25.8.2020; 38:13 min.)
»Industrie, Politik und Konsumenten grübeln, mit welchem Antriebskonzept in die Zukunft gefahren wird. Bleiben es noch eine Weile herkömmliche Verbrennerautos, wie wir sie seit über 100 Jahren kennen? Werden sie abgelöst durch E-Autos, wenn alle bestehenden Hürden überwunden werden können? Oder sollte man jetzt verstärkt auf Wasserstoff setzen, eine Antriebsquelle, die schon einmal vor einigen Jahrzehnten stärker in den Fokus gerückt ist? Mein heutiger Gast, der ehemalige Leiter der Vorausentwicklung bei GM, Prof. Fritz Indra aus Wien, ordnet Wasserstoff als Antrieb der Zukunft ein und erklärt Vor- und Nachteile dieser Antriebsart.«
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Wenn ich von einer sozialen Marktwirtschaft spreche, dann meine ich, daß der Markt sozial ist, und nicht, daß man ihn noch sozial machen muß.
Warum sind wir heute da, wo wir sind? Was ging schief? Erhard hatte die Weichen gestellt. Seine Kollegen und Nachfolger hielten alles für selbstverständlich. Laufen die Dinge gut, ist Selbstgefälligkeit die größte Gefahr für Politiker. Die öffentlichen Ausgaben stiegen, man erhöhte die Steuern, und so verkalkten die wirtschaftlichen Arterien. Das war schon in den Siebzigern zu spüren. Wenn sich Europa heute bewegt, dann rückwärts. Die EU führt Handelskriege mit China und asiatischen Staaten um Kleider, Schuhe und Fahrräder. Andauernd werden "Anti-Dumping"-Untersuchungen eingeleitet. Innereuropäischer Handel wächst langsamer als der Welthandel, und als Antwort fällt einigen Ländern nichts anders ein als sogenannter Patriotismus, ein Euphemismus für Protektionismus. Das ist der sicherste Weg, Europa ins ökonomische Brackwasser zu bringen.
Gisela Stuart, Labour-Abgeordnete im britischen Unterhaus (2006)
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Wir wollen keinen kalten Kapitalismus. Wir wollen eine ökologische, eine soziale, wir wollen eine menschliche Marktwirtschaft.
Wachstum auf Teufel komm raus kann nicht mehr das alleinige Kriterium für gesellschaftlichen Wohlstand sein. Wir müssen den Kapitalismus zähmen, sprich, eine sozial-ökologische Marktwirtschaft durchsetzen.