
Tonkunst und Geräusche
Daniil Trifonov
Der russische Pianist und Komponist reißt Hörer und Kritik zu Superlativen hin: „Er hat Zartheit und auch das dämonische Element“ und „er surft die Monsterwelle“.
Der Gegenwart. — 10. Oktober 2022
Wenn Daniil Trifonov spielt, scheint die Zeit innezuhalten. Aus der Stille heraus kommt ein Spiel, wie man es nur selten hört: überragend und von tiefer Einsicht, nie vorhersehbar, aber immer die Intention des Komponisten im Blick habend und verwurzelt im Wesen der Musik. »Was er mit seinen Händen macht, ist technisch unglaublich«, bemerkte ein Kommentator kurz nach Trifonovs Triumph im Finale des Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerbs in Moskau 2011. »Hinzu kommt sein Anschlag – er hat Zartheit und auch das dämonische Element. Ich habe so etwas noch nie gehört.« Diese Äußerung stammt nicht von einem professionellen Kritiker, sondern von einer der größten Pianistinnen der Welt, Martha Argerich.
Daniil Trifonov bezaubert seine Hörer und lässt Kritiker nach Superlativen suchen. Tobias Stosiek, immerhin selbst mehrfach ausgezeichneter Cellist und Professor an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz, schrieb für BR Klassik nach einem Konzert am 31. Juli 2022: „Technisch reicht derzeit niemand an ihn ran. Aber das ist noch das wenigste, was man über Daniil Trifonov sagen kann. In Salzburg beweist der russische Pianist mal wieder, wie außergewöhnlich er ist: ein musikalischer Molekularkoch mit dem Drive eines Draufgängers. […] Trifonov surft die Monsterwelle. […] Er kann alles.“
* * *
Trifonow stammt aus einer musikalischen Familie. Beide Eltern spielen Klavier, die Mutter ist Musikwissenschaftlerin und unterrichtet Musiktheorie, der Vater ist Komponist. Im Alter von fünf Jahren begann Trifonow mit dem Klavierspiel und dem Komponieren. Die Eltern erkannten sein Talent und zogen daher nach Moskau, um ihm die bestmögliche Ausbildung zu ermöglichen. Von 2000 bis 2009 nahm er Unterricht am angesehenen Gnessin-Institut. Dort studierte er in der Klasse von Tatjana Selikman Klavier und gleichzeitig ab 2006 Komposition. Anschließend wechselte er an das US-amerikanische Cleveland Institute of Music, um sich von 2009 bis 2011 unter der Obhut des Pianisten Sergei Babayan weiterzubilden.
Er gewann mehrere Klavierwettbewerbe und den 3. Preis beim internationalen Chopin-Wettbewerb 2010 in Warschau. In das Blickfeld der Öffentlichkeit rückte er, als er im Jahr 2011 „innerhalb von sechs Wochen in zwei internationalen Musikwettbewerben erste Preise, Goldmedaillen und Publikumspreise gewann“. Beim Arthur-Rubinstein-Wettbewerb in Tel Aviv errang er im Mai 2011 den 1. Preis; beim internationalen Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau im Juni 2011 wurde er zusätzlich zur „Goldmedaille im Fach Klavier“ vom Jury-Vorsitzenden Waleri Gergijew mit dem Grand Prix des Gesamtwettbewerbs ausgezeichnet.
Trifonow konzertierte anschließend in seiner Heimat sowie in Österreich, Kanada, China, Deutschland, Italien, Israel, Japan, den Niederlanden, Polen, der Schweiz, der Türkei, Großbritannien und den USA. 2013 gab Daniil Trifonov ein vielbeachtetes Konzert in der New Yorker Carnegie Hall; ein Konzert-Mitschnitt wurde im Oktober 2013 unter dem Namen The Carnegie Recital von der Deutschen Grammophon veröffentlicht.
Der Musikkritiker Helmut Mauró nannte ihn nach seinem Deutschland-Debüt im Mai 2013 in der Berliner Philharmonie „eines der erfolgreichsten und unbegreiflichsten Klaviertalente der letzten Jahrzehnte“ und bescheinigte ihm eine „enorme Bewusstheit seines Tuns“. Norman Lebrecht konstatierte: „[…] ein Pianist für den Rest unseres Lebens.“ Alfred Brendel und Martha Argerich gehören ebenfalls zu den bekennenden Verehrern Trifonows. Argerich zeigte sich vor allem von der technischen Brillanz seines Klavierspiels angetan und ergänzte, dass sein Anschlag gleichzeitig „Zärtlichkeit und ein dämonisches Element“ enthalte. Sie habe „so was nie zuvor gehört“.
Bereits 2014 erhielt Trifonow den ECHO Klassik als bester Nachwuchskünstler. Ende 2015 wurde ihm die Ehre zuteil, zusammen mit dem Royal Stockholm Philharmonic Orchestra unter Franz Welser-Möst beim Nobelpreis-Konzert in Stockholm aufzutreten. Im Dezember 2016 debütierte er bei den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle mit dem 3. Klavierkonzert von Rachmaninow. Das Konzert wurde im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und in rund „200 Kinos in 14 europäischen Ländern“ übertragen.
Neben seiner Tätigkeit als Pianist profiliert sich Trifonow auch als Komponist. Seine fünfsätzige Suite Rachmaniana, die er während seiner Studienzeit am Cleveland Institute of Music komponiert hat, ist Bestandteil seines im August 2015 veröffentlichten Debüt-Studioalbums Rachmaninov Variations.
Am 13. November 2015 wurde Trifonow in den Verwaltungsrat der New Yorker Philharmoniker berufen. Er lebt in New York.
Textgrundlage: https://de.wikipedia.org/wiki/Daniil_Olegowitsch_Trifonow
Daniil Trifonov, 2021
Foto: daniiltrifonov.com
Lebensdaten
Daniil Olegowitsch Trifonow (russisch Даниил Олегович Трифонов; * 5. März 1991 in Nischni Nowgorod; u. a. engl./frz. Transkription Daniil Trifonov) ist ein russischer Pianist und Komponist. (Wikipedia)
Offizielle Internetpräsenz (englisch): daniiltrifonov.com
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Trifonov/Chopin
Chopin: Piano Concerto No. 2 | Daniil Trifonov, Verbier Festival Chamber Orchestra & Masaaki Suzuki, 2012
Trifonov/Prokofiev
Daniil Trifonov ~ Prokofiev Piano Concerto no. 2 ~ 2018 live
Trifonov/Beethoven
Daniil Trifonov ~ Beethoven Piano Concerto no. 5 ~ 2020 live