Karte zur Volksabstimmung in Kärnten im Oktober 1920 aus der Zeitung „Kärntner Landsmannschaft“ vom 14. April 1920 — Illustration: Eixi/Wikimedia

Florjan Lipuš, 2018
Florjan Lipuš, 2018

Foto: C.Stadler/Bwag

Durch die Sprache sind wir oder sind wir nicht, durch die Sprache werden wir bestehen oder nicht.

Florjan Lipuš, 2004

 

Lebensdaten

Florjan Lipuš (* 4. Mai 1937 in Lobnig bei Bad Eisenkappel, Kärnten) ist ein österreichischer Schriftsteller, der auf Slowenisch Romane, Prosa, Essays und szenische Texte publiziert. Er ist Kärntner Slowene und lebt in Sele/Sielach (Unterkärnten). Mehrere seiner Bücher erschienen in deutscher Übersetzung, darunter Der Zögling Tjaž, übertragen von Peter Handke und Helga Mracnikar. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt 2018 den Großen Österreichischen Staatspreis und 2019 den Goldenen Verdienstorden der Republik Slowenien. Florian Lipuš ist Vater der österreichischen Lyrikerin Cvetka Lipuš (*1966), des Musikers Gabriel Lipuš (*1965) und des Fotografen Marko Lipuš (*1974). (Wikipedia)

 

Das Buch

Florjan Lipuš: Die Verweigerung der Wehmut.
Florjan Lipuš: Die Verweigerung der Wehmut.
Aus dem Slowenischen von Fabjan Hafner. 128 Seiten. Suhrkamp Verlag, 1. Auflage (2023)

Der Übersetzer Fabjan Hafner, geboren 1966 in Klagenfurt, studierte Deutsche Philologie und Slawistik (Slowenisch ) in Graz und war seit 1998 am Robert-Musil-Institut für Literaturforschung in Klagenfurt tätig. Für seine Übersetzungen, unter anderem von Florjan Lipuš und Tomaž Šalamun, wurde er vielfach ausgezeichnet. Hafner lebte bis zu seinem Tod im Jahr 2016 in Feistritz im Rosental/Bistrica v Rozu (Südkärnten). (Pressetext)

Rezension von Lothar Struck: „Sichtung einer vergangenen Welt“ auf glanzundelend.de ⋙ Link

 

Die Werke

Skizzen im Vorübergehen (Črtice mimogrede, 1964, Skizzen)

Der Zögling Tjaž (Zmote dijaka Tjaža, 1972; dt. 1981, Übs. Peter Handke u. Helga Mračnikar; Roman)

Die Beseitigung meines Dorfes (Odstranitev moje vasi, 1983; dt. 1997, Übs. Fabjan Hafner; Roman)

Die Verweigerung der Wehmut (Jalov pelin, 1985; dt. Übersetzung 1989, Übs. Fabjan Hafner; Roman)

Verdächtiger Umgang mit dem Chaos (Stesnitev. Neogibni, a sumljivi opravki z zmedo. 1995; dt. Übersetzung 1997, Übs. Johann Strutz; Roman)

Herzflecken (Srčne pege, 1991; dt. 1999/2000, Übs. Johann Strutz; Roman)

Boštjans Flug (Boštjanov let, 2003; dt. 2005, Übs. Johann Strutz; Roman)

Die Regenprozession und andere Prosa (Prošnji dan, 1987; dt. Wieser Verlag, Klagenfurt 2007, Übs. Johann Strutz; Roman u. Kurzprosa/Skizzen)

Seelenruhig (Mirne duše), deutsch von Johann Strutz, mit einem Nachwort von Fabjan Hafner. Jung und Jung, Salzburg 2017.

Schotter (Gramoz), deutsch von Johann Strutz, Jung und Jung, Salzburg 2019.

 

Identitätenkarussell

Alle Lipus-Romane wurden von mir hinsichtlich Inhalt, Aufbau und Stil in meiner Dissertation an der Slawistik der Universität Klagenfurt ausführlich untersucht und beschrieben. Das Buch zur Doktorarbeit erschien 2010 im Re Di Roma Verlag unter dem Titel „Luise Maria Ruhdorfer: Lipuss Identitätenkarussell. Eine Untersuchung über den Umgang mit Eros, Pathos und Thanatos.“

Dr. Luise Ruhdorfer, Amazon-Rezension, 10.6.2010

 

Es sind nur hundert Seiten, aber was für welche! Florjan Lipus bringt es fertig, darin nicht nur ein ganzes Leben, sondern vor allem das Leben als Ganzes unterzubringen: von den ersten Wahrnehmungen und den Nöten des Aufwachsens und den Schwierigkeiten, sich in der Welt der anderen zurechtzufinden, über die ersten Glücksmomente der Begierde und der Liebe bis zu dem letzten Blick der Augen auf eine Welt, die man, auch wenn sie nicht immer verlockend war, doch nur ungern verließe.

Pressetext zu Florjan Lipuš „Seelenruhig“ (2017)

 

Kärntner Slowenen

Als Kärntner Slowenen (slowenisch Koroški Slovenci) bezeichnet man die autochthone slowenischsprachige Volksgruppe im österreichischen Bundesland Kärnten. Sie entsenden Vertreter in den österreichischen Volksgruppenbeirat und sind zumeist österreichische Staatsbürger. Der Status der Volksgruppe ist verfassungs- und völkerrechtlich abgesichert.

Literatur

Im Frühjahr 1981 ist der Roman „Der Zögling Tjaž“ von Florjan Lipuš in der deutschsprachigen Übersetzung Peter Handkes erschienen. Peter Handke wurde für diese literarische Leistung vom Wiener Extrablatt als „personifizierter Artikel sieben“ bezeichnet. Neben Lipuš hat Handke später noch Gustav Januš übersetzt.

Die Kärntner slowenische Literatur machen aber nicht nur Lipuš und Januš aus, sondern eine Reihe anderer Autoren. Zur Tradition gehören Mirko Kumer, Kristo Srienc und Valentin Polanšek. Zu einer kleinen innovativeren, aber noch der Tradition verpflichteten Gruppe zählt neben Lipuš Janko Messner. Lipuš selbst hat sich zu einem herausragenden Belletristen entwickelt.

Zu den jüngeren Prosaautoren zählen Jože Blajs, der international bekannte Janko Ferk, Martin Kuchling und Kristijan Močilnik.

Beachtlich ist die Zahl der Lyriker. Herausragend ist Milka Hartman. Ihrer Generation gehört Anton Kuchling an. Die nächste Generation bilden Gustav Januš und Andrej Kokot sowie die Lyriker, die heute schweigen, nämlich Erich Prunč und Karel Smolle. Diesen Lyrikern folgt eine Gruppe, die sich vor allem um die Literaturzeitschrift „mladje“ formiert hat. Janko Ferk, Maja Haderlap, Franc Merkac und Jani Oswald sowie Vincenc Gotthardt, Fabjan Hafner und Cvetka Lipuš sind die dazugehörigen Namen. Zur jüngeren Generation gehören Rezka Kanzian und Tim O. Wüster.

Die slowenische Literatur in Kärnten hat nach dem Zweiten Weltkrieg ihren klaren Lebenswillen gezeigt. Heute ist sie eine emanzipierte Literatur ohne jedweden Provinzialismus.

Aus literatursoziologischer, -theoretischer und -historischer Sicht hat sich besonders Johann Strutz (Janez Strutz) um die Literatur der Kärntner Slowenen verdient gemacht. Seine Profile der neueren slowenischen Literatur in Kärnten, erschienen 1998 im Hermagoras Verlag, Klagenfurt/Celovec, sind ein vielbeachtetes Standardwerk. (Wikipedia)