Artefakte und Produkte
Weiter, und allzeit zurück!
Frank Sämmer und Raimund Litz haben ihren metakulturellen Kampf mit Stift und Pinsel gegen die Narrenherrschaft noch nicht aufgegeben. Ihr neues Buch mit Geschichten aus der Schwurbelei ist fast fertig. Daraus das Vorwort:
Der Gegenwart. — 18. Juli 2024
,,Da hatte der Verstand noch nicht geschieden,
was ewig eins aus einem Urquell stammt;
da war noch zwischen Kopf und Herzen Frieden,
kein Trieb der Brust vor dem Gesetz verdammt;
verstanden wurde noch die Schrift hienieden,
die goldnen Zuges durch den Äther flammt;
es nannten Mensch und Engel sich Genossen,
und Welt und Himmel war in eins verflossen.“*
So mag einmal das Gefühl des Heimwehs geklungen haben, dem vertrauten Zuhause auf unabsehbare, vielleicht ewige Zeit entfernt. Und da war noch die sehnsüchtige Erinnerung, das nicht beständige Vergessen-Können dessen, was Zuflucht, Geborgenheit, ja womöglich erlösendes Heil verheißt.
Nun legen wir Ihnen, liebe Leser, ein Buch vom Heimweh vor. Womöglich eine vieldeutige Schrift, ein vorläufiges Abbild von Gedanken und Erkenntnissen, die ein Leser nie so verstehen wird, wie sie vom Schreibenden gemeint sind. Schon Platon legte drei grundlegende Mängel der Schrift dar: einmal geschrieben sagt sie dem, der sie zu verstehen sucht, immer nur dasselbe, weil sich ihr Ausdruck nicht ändert und dem Fragenden anpasst. Zudem kullert sie munter in der Welt herum und erreicht auch noch diejenigen, die sie nicht verstehen können oder die sie nichts angeht, und vielleicht wird sie daher aus Unverständnis geschmäht und geringgeachtet. Und schließlich bedarf sie eines verständigen Deuters, denn sie kann nicht alleine für sich selbst einstehen und sich verteidigen.
Auch aus diesem Grunde haben wir oft erwogen, alles zu lassen in unserem kleinen Leben, wie es ist, und ins unberührbare Exil unserer Traumgebilde zu pilgern. Wir könnten vielleicht noch länger wonnig in der berückten Beschaulichkeit unseres Gartens verweilen und den Blumen und Gräsern beim Wachsen zuschauen, der wortlosen Sprache der Bäume lauschen, mit den Tieren zur Nachtruhe gehen und so das Rätsel des Ganzen und Großen in uns verwahren.
Also ist auch unser Garten
zu einem Schriftgärtchen geworden.
Allein, die Sehnsucht nach dem Schönen und die Angst vor seinem unwiederbringlichen Verlust machen es unmöglich zu schweigen und uns dem allumfassenden Wahn der hässlichen Gewalten und Mächte des Zeitgeistes einfach zu ergeben. Und immerhin lässt auch Platon den Sokrates sagen, wie sinnvoll es sei, ein „Schriftgärtchen“ zu besäen und zu beschreiben, um einen Vorrat von Erinnerungen für das Alter zu sammeln und für jene, die unserer Spur nachfolgen mögen. Also ist auch unser Garten zu einem Schriftgärtchen geworden. Er konnte nicht nur Rückzugsraum bleiben, sondern musste schließlich zum Ausgang formulierten Widerstands werden, auch mit Bildern, die Vorstellung und Ahnung fordern. Sie sollen die Schrift huckepack nehmen, da wo sie Schwäche zeigt, immer befördert von raffaelitischem Anersuchen: Imagination, Intuition, Wunder! Also Gestaltung und Schreiben im kulturellen Bürgerkrieg außerhalb von Kunst, Feuilleton und dessen vernünftelnder Besserwisserei.
Dabei noch aufzusteigen als korrekte Staatskünstler, wo Form und Wort in ihrem freien Sinn sich längst als Herrschaftsdienerei erledigt haben – was sollte uns zu solch bornierter Narretei auch treiben?
Wohl aber ist uns lieb und teuer ein mitfühlendes Verständnis für die Reinheit unseres herzlichen Antriebs und seine unvermischte Sorge. Dann gehen wir es leichter an.
Und nun legen wir unser Schrift- und Bildergärtchen, lieber Leser, in Deine Hände! Was gedeiht darin? Wir schreiben vom täglichen Streben zweier Freunde, den grundsätzlichen Erhalt ihrer persönlichen Unverfügbarkeit gegen die Übergriffe totalisierter Staatlichkeit und menschenfressender Moderne tapfer zu verteidigen.
So spannen wir einen Bilder- und Erzählbogen von hier nach da, vom Kampf um ihr entführtes Glück, das ihnen die Raubritter der Welt gestohlen haben und welches sie doch gerne wiederhaben wollen. Bis hin zu seiner Wiederauffindung im Schneeglöckchen geschmückten Gebirge ihres erinnerten Eigenseins. In Angst, sich gänzlich zu verlieren, hoffen sie doch auf eine Zurüstung, sich wieder zu begründen im allumfassenden schöpferischen, gottförmigen Kosmos. Dafür laufen sie bis hin zum Mond und formulieren Grundsatzreden magischer Aufrichtigkeit und ganz eigen zugehörigen Betroffenseins. Und die Nachtigallen tragen die Botschaft in die Welt.
Wir wissen wohl um den tatsächlichen Zustand
des Erdkreises außerhalb unserer Fabelwelt.
Und die Dinge fügen sich, womöglich. Aber lieber, verzagter Leser, wir wissen wohl um den tatsächlichen Zustand des Erdkreises außerhalb unserer Fabelwelt und um die Feuerteufel, die dort ihr Unwesen treiben. In der posthistorischen, nurmehr simulierten Demokratie exzeptionalistischer, westlicher Beherrschungsmacht ist kein Platz mehr für den natürlich freien, göttlich begründeten Menschen. Sie selbst ist repressiv, ihre Institutionen sind sämtlich korrumpiert von Weltgeld und von grünem Kriegsgeschrei, verkommen zu einer Ideologie der Untaten. Ihre Macht ist toxisch. Über uns die Kontroll-Ufos entfesselten Machtwillens, vom Archipel der bitterbösen Fremde weit über das Meer herbeigeflogen. Aus den Führerhäusern grinsen Larven liberalistischer Philantropen auf uns herab und anderes Gesocks, so wie aus ihren Hochhäusern aus Kunstfleisch.
An jeder Straßenecke lauern die woken Wesire schlimmer Obrigkeit und Bevormundung. Kaum können wir dem panischen Gerede der Gefahrenprognostiker und Wahrheitsalarmisten noch entkommen. Und der Tag ist nicht mehr weit, an dem die Esel aus Roswell mit ihrer transhumanistischen, neofeudalen Inquisition den Okzident und seine Menschen schließlich rechtlos und zersetzt, mit Haut und Haaren, Leib und Leben im Menschenpark entsorgt haben werden, am Ende der Geschichte.
Also wissen wir, die Zeit für larmoyante Toleranz der mächtigen Intoleranz ist nun vorbei!
Sitzt ihr nicht auch zu lange schon mit ihren
vorgetäuschten Werten im Zug zum Untergang?
„Oh, ihr kleinen Querdenker“ hören wir die immer noch staatsgehorsamen Hintersassen sagen, „ist euch der Heldenmut nicht aus dem Gleis gesprungen? Wollt ihr der universalistischen Moderne wirklich kündigen? Sitzt ihr nicht auch zu lange schon mit ihren vorgetäuschten Werten im Zug zum Untergang? Und könnt ihr einer elitären UNO, in den Farben endzeitlicher, unwiderlegbarer politischer Scholastik, den Weg versperren mit Wurzeln und Zaubertrank aus dem Rosengarten, mit Engeln und Zwergen als Kumpanen eures Mäusefeldzugs? Seid ihr tatsächlich entschlossen, den vom Lärm der Apparate Schwerhörigen aus der Applausfalle zu helfen und dem technisch formatierten Untermenschen für die wahre Botschaft der alten Götter Ohren und Augen zu öffnen?“
Ja, nichts weniger als dies: denn wie das sanfte Gras sich in die Fugen schmiegt und überzeit doch mit der Kraft des Kastanienbaums die Felsen sprengt, so wollen wir, die unverzagten Fabulanten, das Land bereiten und ebendort die neue Kirche derer gründen, die ihren Lebensmut noch nicht verloren haben.
So gehen wir den Weg zu dem was ist und immer war und tun das, so wir es denken und vermögen.
Also weiter, und allzeit zurück zum Zaubergarten des klugen Zaren. „Jäger heiliger Schatten auf ewigen Hügeln,“** selbstverliebt auf den beschwingten Schultern der Phantasie, auch wenn auf den säumenden Meeren ringsum die ultimative Seeschlacht tobt.
Wer noch, außer dem doppelten Raimund, will den Fehdebrief an die dekadenten Monster des Zerfalls (dunklen Reichs) aufheben, gerüstet und, wenn er will, mit versiegeltem Visier? ■
* Carl Wilhelm Salice Contessa
** Nicolas Gomez Davila
© Frank Sämmer und Raimund Litz — Mit freundlicher Genehmigung der Autoren.
Frank Raimund Sämmer
Foto: Privat
Raimund Litz
Foto: Privat
Die Autoren
»Frank Sämmer ist Maler und Autor künstlerischer Texte am Ende der Moderne. Er malt gegenständliche Bilder und schreibt gegen die formalisierte Leere staatlicher Nullkunst. Dabei setzt er Fragen von Darstellung und Gestaltung, von Inhalt und Form wieder in ihr Recht.« (Manuscriptum)
»Für Raimund Litz ist das Philosophieren nicht bloß eine beliebige Profession unter anderen. Es steht für ihn im Dienste einer dreifachen Verständigung: über das eigene Ich; die vielfältig umgebende Welt und den unausdenkbaren Grund der einen Wirklichkeit. Dieses „Ganze ist das Wahre“.« (Manuscriptum)
Zum Weiterlesen:
Frank Sämmer, Raimund Litz: Reise zum Latemar ⋙ Link
Das Buch – demnächst
Frank Raimund Sämmer und Raimund Litz: Weiter, und allzeit zurück! Geschichten aus der Schwurbelei. Lesebuch mit drei Erzählungen und bunten Bildern verziert
Inhalt
1. „Heimweh“. Jetzt bin ich so alt wie der Westerwald und habe noch nie so viel Elendmacher gesehen, die mein Selbstvertrauen erschüttern wollen
2. „Als die Malerei ihre Grundierung verlor“. Malerei und Staatskunst
Le cadavre exquis
– 100 Jahre surrealistisches Manifest
– Nullkunst
3. „Vom Räuberhauptmann Haltefest und den Erlebnissen zweier Freunde auf der Flucht vor seinen Spitzbuben“. Märchen (Nachwort)