Hinweise auf Menschen
Gilbert Keith Chesterton
Der englische Schriftsteller ist meist nur als Krimi-Autor bekannt, er schrieb aber 200 Bücher und 6000 Essays. Matthias Matussek hat nach den Spuren des „merkwürdigen Heiligen“ geforscht.
Der Gegenwart. — 9. November 2024
Gilbert K. Chesterton wurde 1874 in Campden Hill im Londoner Stadtteil Kensington als Sohn eines Londoner Häusermaklers geboren. Die Familie war protestantischen Glaubens und gehörte der Gemeinschaft der Unitarier an.
Er wurde an der St Paul’s School erzogen. Danach besuchte er die Slade School of Art, um Illustrator zu werden. Außerdem besuchte er Vorlesungen der Literaturwissenschaft am University College London, erwarb aber keinen Abschluss. 1896–1902 arbeitet Chesterton für den Londoner Verlag Redway, and T. Fisher Unwin. In diese Zeit fällt seine erste journalistische Arbeit als ein freiberuflicher Kunst- und Literaturkritiker. 1901 heiratete er Frances Blogg. 1902 erhielt Chesterton eine wöchentliche Kolumne in der Daily News, hinzu kam 1905 eine weitere wöchentliche Kolumne in The Illustrated London News, für die er die nächsten 30 Jahre schrieb.
Nach eigenen Angaben faszinierte ihn das Okkulte, und er experimentierte mit seinem Bruder Cecil mit Ouija. Später wandte er sich wieder dem Christentum zu, was 1922 zu seinem Eintritt in die römisch-katholische Kirche führte.
Chesterton war etwa 1,93 m groß und wog um 134 kg. Sein Bauchumfang war Thema bekannter Anekdoten: So soll er zu seinem Freund George Bernard Shaw gesagt haben: „To look at you, anyone would think there was a famine in England.“ („Wenn man dich ansieht, muss man denken, es gäbe eine Hungersnot in England.“) Shaw gab zurück: „To look at you, anyone would think you caused it.“ („Wenn man dich ansieht, muss man denken, du hättest sie verursacht.“)
Gewöhnlich trug er ein Cape und einen zerdrückten Hut, einen Stockdegen und hatte eine Zigarre aus dem Mund hängen. Er vergaß oft, wohin er wollte, und verpasste den Zug, der ihn dorthin bringen sollte. Es wird berichtet, dass er mehrfach seiner Frau von entfernten Orten Telegramme schickte wie „Am at Market Harborough. Where ought I to be?“ („Bin in Market Harborough. Wo sollte ich sein?“), worauf sie antwortete: „Home“ („zu Hause“).
Chesterton war von 1930 bis 1936 Präsident des Detection Club, einer Vereinigung von Kriminalautoren, die Regeln für einen „fairen Kriminalroman“ erstellten.
Gilbert K. Chesterton starb 62-jährig am 14. Juni 1936 in seinem Haus in Beaconsfield in Buckinghamshire. Die Homilie bei Chestertons Totenmesse in der Westminster Cathedral wurde von Ronald Knox gehalten. Er wurde in Beaconsfield auf dem katholischen Friedhof begraben. Chestertons Nachlass wurde auf 28.389 Pfund Sterling geschätzt, was heute etwa 2,6 Millionen US-Dollar entspräche.
Im August 2013 wurde sein Seligsprechungsprozess auf diözesaner Ebene in seinem Heimatbistum Northampton eröffnet. Bischof Peter Doyle teilte im August 2019 jedoch mit, dass das Seligsprechungsverfahren wegen Chestertons Mangel an persönlicher Spiritualität nicht weiter verfolgt werde.
Wirkung und Positionen
In seinen Romanen, Essays und Kurzgeschichten setzte sich Chesterton intensiv mit modernen Philosophien und Denkrichtungen auseinander. Bekannt sind seine oft gewagten Gedankensprünge und sein Zusammenbringen scheinbar unvereinbarer Ideen, oft mit überraschenden Ergebnissen. Seine Argumentationsweise ist plakativ als „geistiger Husarenritt“ bezeichnet worden.
Chesterton führte öffentliche Debatten unter anderem mit G. B. Shaw, H. G. Wells, Bertrand Russell und Clarence Darrow. Sein vielleicht wichtigster Diskussionspartner war Shaw, mit dem ihn eine herzliche Freundschaft bei gleichzeitiger Ablehnung von dessen Ansichten verband. Nach seiner Autobiografie spielten er und Shaw Cowboys in einem Stummfilm, der allerdings nie veröffentlicht wurde. Er bekämpfte verschiedene Ideen und Theorien, die Anfang des 20. Jahrhunderts oft und gerne vertreten wurden, vor allem äußerte er sich gegen Euthanasie und Rassenkunde sowie gegen jede Vorstellung einer Eugenik. Mit den Gedanken Nietzsches zum Übermenschen setzte er sich kritisch auseinander. Er lehnte den britischen Kolonialismus ab und unterstützte die irische Unabhängigkeit.
Chesterton bewunderte das Mittelalter, das seiner Meinung nach in der Neuzeit oft unfair negativ dargestellt wurde. Er setzte sich dafür ein, dass die Demokratie auf Grund ihres eigenen Wesens auf die Stimme der Armen und Slumbewohner hören solle, anstatt von oben herab „zu ihrem Besten“ über sie zu entscheiden („Anstatt uns zu fragen, was wir mit den Armen machen sollen, sollten wir uns lieber fragen, was die Armen mit uns machen werden.“)
Wirtschaftspolitisch forderte er eine Begrenzung der Macht des Großkapitals bei gleichzeitiger Förderung des Kleineigentums („Jedermann sollte eine Kuh und drei Morgen Land besitzen können“, „Das Problem des Kapitalismus ist nicht, dass es zu viele, sondern dass es zu wenige Kapitalisten gibt.“) Er nannte dies Distributismus, der sich bei ihm dadurch auszeichnet, dass das Eigentum an Produktionsmittel neu verteilt wird, so dass jede Familie ihren Lebensunterhalt eigenständig entwickeln kann. Nach Chesterton ist der Mensch für ein freies, aber auch hartes Leben auf dem Land bestimmt.
Seine Opposition gegenüber dem Kapitalismus mündete in antisemitische Denkmuster: So sah er Kapitalismus und Marxismus als Instrumente der Juden zur Erlangung der Weltherrschaft, war der Ansicht, der Burenkrieg würde aufgrund der finanziellen Interessen der Juden in Südafrika geführt, und sprach sich in der Zeitschrift The New Witness gegen eine Politik aus, die Juden den Aufstieg in Politik und Gesellschaft ermöglichte. In seiner Schrift The New Jerusalem (1920) befürwortete er die Schaffung einer Heimstatt für die Juden. Chesterton wandte sich jedoch auch gegen die Ideologie des Nationalsozialismus.
Nach seinem Tod wurde er von Papst Pius XI. mit dem Titel Fidei defensor (Verteidiger des Glaubens) geehrt. Diese Ehrenbezeichnung war vormals dem englischen König Heinrich VIII. verliehen worden, als dieser mit Hilfe des hl. Thomas Morus eine Schrift zur Verteidigung des katholischen Glaubens vorgelegt hatte. Chesterton hat den Glauben in einer Vielzahl von entschiedenen, sehr pointierten und originellen Schriften bezeugt. Dieser umfangreiche Aspekt seines Wirkens ist in Deutschland weitgehend unbekannt geblieben, während Chesterton in der englischsprachigen Welt als bedeutender Apologet der katholischen Kirche gilt.
Literarisches Schaffen
Chesterton schrieb Gedichte, Bühnenstücke, meist aber Prosa: Essays, zahlreiche Erzählungen und Romane. Von manchen Kritikern hochgelobt wurden die von ihm verfassten Biografien, beispielsweise über den hl. Thomas von Aquin, den hl. Franziskus, Charles Dickens, Robert Louis Stevenson und George Bernard Shaw.
Sein kurzer Roman The Man Who Was Thursday von 1908 (dt. 1910 als Der Mann, der Donnerstag war) ist eine politische Satire, die der Phantastischen Literatur zugerechnet werden kann: Ein Komplott anarchistischer Terroristen am Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt sich darin, unter zunehmender Verfremdung der Wirklichkeit, in ein verrückt-göttliches Spektakel. Wie in anderen seiner Schriften wendet sich Chesterton auch in diesem Roman theologisch-philosophischen Fragen zu.
Father Brown
Chestertons bekannteste literarische Schöpfung ist Father Brown (in älteren deutschen Übersetzungen falsch als „Pater Brown“ übersetzt), der im Mittelpunkt von insgesamt 49 Kurzgeschichten steht, deren erste 1910 erschien und die in fünf Bänden herausgegeben wurden. Brown ist ein Geistlicher, der mit psychologischem Einfühlungsvermögen und durch logische Schlüsse auch die scheinbar mysteriösesten Kriminalfälle löst. Im Gegensatz zu anderen bekannten Romanhelden wie Sherlock Holmes und Agatha Christies Hercule Poirot steht bei Brown nicht so sehr die äußere Logik des Tatherganges, sondern die innere Logik und Motivation des Täters im Vordergrund. 1953 spielte Alec Guinness den detektivischen Seelsorger in Die seltsamen Wege des Pater Brown (Father Brown). Nicht zuletzt aus dieser Begegnung mit Chesterton resultierte später Guinness’ eigene Konversion zur katholischen Kirche. Durch die Verfilmung der Pater-Brown-Kriminalkurzgeschichten mit Heinz Rühmann wurde Chestertons Werk in den 1960ern auch in Deutschland bekannt. Allerdings sind jene Filme in vieler Hinsicht dem Geschmack der deutschen 1950/60er angepasst worden. Zwischen 1966 und 1972 entstanden für die österreichisch-deutsche Fernsehserie Pater Brown 39 sehr werkgetreue Verfilmungen mit Josef Meinrad in der Hauptrolle.
Deutsche Editionen
Ältere deutsche Übersetzungen von Chestertons Büchern wurden teilweise dem deutschen Publikumsgeschmack entsprechend abgemildert und dadurch verfälscht. Erst Anfang der 1990er Jahre brachte der Haffmans Verlag originalgetreuere deutsche Ausgaben der Father-Brown-Geschichten heraus, für die Hanswilhelm Haefs übersetzt hatte. 1998 und 2000 veröffentlichte der Eichborn Verlag in seiner Reihe Die Andere Bibliothek zwei Sammlungen von Essays Chestertons: Ketzer und Orthodoxie. In den letzten Jahren produziert der Bonner nova & vetera Verlag ebenfalls weitgehend originaltreue Erst- und Neuübersetzungen des Chestertonschen Werks.
Textgrundlage: https://de.wikipedia.org/wiki/G._K._Chesterton
* * *
The Chestertonians
Von Matthias Matussek.
Sie kommen aus allen Alltagsbereichen und Berufen. Ingenieure, Senatoren, Bischöfe, Professoren, Lehrer. Sie bilden den neuen katholischen Widerstand in einer versumpften Gegenwart, ja, eine neue katholische „Reconquista“ gegen ein neues Heidentum, das Kreuze zertrümmert, Kirchen in Brand setzt, die Geschlechter von Kindern umoperiert.
Sie scharen sich um einen Bannerträger, den man durchaus als merkwürdigen Heiligen bezeichnen kann: um den britischen Schriftsteller Gilbert Keith Chesterton (1874–1936), ein Polemiker und kreatives Kraftwerk, der über 200 Bücher, 6000 Essays, Gedichte, Theaterstücke verfasst hat und von Ernst Bloch „einer der klügsten Menschen, die je gelebt haben“ genannt wurde.
Vor allem aber stritt er mit Büchern wie seiner „Orthodoxie“ gegen eine schon damals zersetzende Moderne, die sich auch innerhalb der Una Sancta breit machte. Er schrieb: „Die katholische Kirche ist die einzige Institution, die den Menschen vor der entwürdigenden Sklaverei bewahrt, ein Kind seiner Zeit zu sein.“ Papst Leo XII. ernannte ihn zum „defensor fidei“ den Verteidiger des Glaubens. Ja, die Chestertonians graben die Hacken ein.
Die „American Chesterton Society“ ist ein Netzwerk, das mittlerweile über 60 Schulen und Ortsgruppen nicht nur in sämtlichen Bundesstaaten, sondern ebenso in Ländern wie Chile oder der Slowakei gegründet hat, ein gigantisches Missions- und Bildungswerk, das sich gegen die Auflösungserscheinungen der christlichen Kultur stemmt, wie sie sich etwa auf der letzten Olympiade durch die Verhöhnung des Abendmahls manifestiert hat.
Weiterlesen: Matthias Matussek: »The Chestertonians«, 7. November 2024 ⋙ Link
Lebensdaten
Gilbert Keith Chesterton, kurz oft G. K. Chesterton (* 29. Mai 1874 im Londoner Stadtteil Kensington; † 14. Juni 1936 in Beaconsfield), war ein englischer Schriftsteller und Journalist. Er ist heute vor allem bekannt durch eine Reihe von Kriminalromanen um die Figur Pater Brown. (Wikipedia)
Ein guter Roman erzählt die Wahrheit über den Helden, aber ein schlechter Roman erzählt die Wahrheit über den Autor.
G. K. Chesterton, Aphorismen und Paradoxa
Der gute Künstler ist der, den man verstehen kann; es ist der schlechte Künstler, der immer »missverstanden« wird.
G. K. Chesterton, Collected Works, Band 28, 1910
Es ist unmöglich, Künstler zu sein und dabei der Schranken und Gesetze nicht zu achten. Die Kunst ist Begrenzung; zum Wesentlichen eines Bildes gehört der Rahmen.
G. K. Chesterton, Aphorismen und Paradoxa
Gilbert Keith Chesterton (1874–1936) vor 1920 auf einer zeitgenössischen Skizze eines unbekannten Autors.
Der Fall ist nun klar: Es geht um Licht oder Dunkelheit, und jeder muss sich entscheiden, wo er steht.
G. K. Chesterton, Letzte Worte, 14. Juni 1936
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