Bahnbrechende Bücher
Thomas Gold
„Die Biosphäre der heißen Tiefe und der Mythos der fossilen Energieträger“ sollte Pflichtlektüre für Geologiestudenten sein.
Der Gegenwart. — 1. Januar 2024 — UPDATE 10. April 2024
Thomas Gold ist ein Physiker, der keine Angst vor Kontroversen hat [...] Seine große neue Theorie [...] besagt, dass Erdöl und Erdgas durch die Geologie und Chemie der heißen, tiefen Schichten unter der Erdoberfläche erzeugt werden [...] Das Buch ist die beste Art, Wissenschaft zu schreiben: streitbar und leidenschaftlich, mit allen Beweisen, die man abwägen kann.
New Scientist, August 2001
Es gibt viel zu sagen über dieses wichtige Buch [...] Gold zeigt das unbeirrbare und universelle Genie, das wir in Aristoteles und Leonardo da Vinci erkennen [...] Die Vielseitigkeit und der Umfang des gezeigten Wissens ist bemerkenswert [...] Die Biosphäre der heißen Tiefe ist ein hochinteressantes und wichtiges Buch; es sollte Pflichtlektüre für jeden Geologiestudenten sein.
David Deming, Journal of Scientific Exploration, Vol. 17 (2), 2003
Sein ganzes Leben lang tauchte er in Neuland ein, um Probleme zu lösen, die andere nicht gesehen hatten – in der Biophysik, Astrophysik, Raumfahrttechnik oder Geophysik. Kontroversen verfolgten ihn überall. Mit seinem ausgeprägten wissenschaftlichen Gespür und seiner unvoreingenommenen Strenge stellte er in der Regel die liebgewonnenen Annahmen anderer in Frage, die er zum Unbehagen des wissenschaftlichen Establishments oft als unzureichend ansah. Sein Ansehen und sein Einfluss waren international.
Thomas Golds Vater, Max Gold, war der jüngere Bruder von Alfred Gold und Direktor der Österreichisch-Alpinen Montangesellschaft, der größten österreichischen Gesellschaft für Bergbau und Verhüttung, und seine Mutter Josefine war eine ehemalige Kinderschauspielerin. Als sich eine ökonomische Krise in der Bergbaubranche abzeichnete, wurde Max Gold zu einem Mehrheitsteilhaber einer Berliner Metallhandelsgesellschaft. Ab seinem 10. Lebensjahr lebte Thomas Gold in Berlin. Doch schon 1933 verließ seine Familie, die jüdischer Abstammung war, Deutschland und emigrierte nach England. Gold ging dagegen auf ein englisch geführtes Elite-Internat in Zuoz (Schweiz), das Lyceum Alpinum. 1939 begann er ein Studium am Trinity College der Universität Cambridge, wurde aber nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1940 wie fast alle deutschen und österreichischen Staatsbürger interniert. Noch in der ersten Nacht im Gefangenenlager von Bury St. Edmunds lernte er Hermann Bondi kennen, ebenso wie Gold ein aus Österreich stammender Student am Trinity College. Obwohl ihre Eltern miteinander in Wien bekannt waren, hatten sie sich noch nicht getroffen. Nach seiner 15-monatigen Internierung schloss Gold 1942 sein Studium mit einem B.A. ab.
Erforschung und Anwendung des Radars
1946 machte er seinen Master of Science mit einer Arbeit über die Mechanismen der Tonhöhen-Unterscheidung im Ohr, demnach unterscheide das Ohr und nicht das Hirn die Tonhöhen. Er nahm einen aktiven Verstärkungsmechanismus mit Oszillatoren im Ohr an, der in den 1970er Jahren durch die Messung von otoakustischen Emissionen bestätigt wurde. Mit Bondi und Fred Hoyle nahm er an dem britischen Kriegs-Programm zur Erforschung und Anwendung des Radars bei der Marine teil. 1952 kam Gold ans Royal Greenwich Observatory und wurde Assistent des Royal Astronomer. Dort arbeitete er unter anderem an der Entwicklung des Masers, einem Verstärker für Mikrowellen für den Einsatz bei Radioteleskopen. 1956 wurde er Professor für Astronomie an der Harvard University. Gleichzeitig begann seine Beratertätigkeit für die NASA. 1959 war er Chairman des Astronomie-Departments der Cornell University, wo er das „Cornell Center for Radiophysics and Space Research (CRSR)“ gründete. 20 Jahre lang bis 1981 blieb er dessen Direktor. In diese Zeit fällt auch seine Initiative für den Bau und den Einsatz des Radioteleskops in Arecibo, dem noch heute zweitgrößten Radio-Observatorium der Welt. Ab 1971 hielt er auch Vorlesungen in Cornell, wo er bis zu seiner Emeritierung 1987 blieb.
Gold war zweimal verheiratet. Mit seiner ersten Frau Merle Eleanor Tuberg hatte er drei Töchter: Lindy Bryant, Philacy Gold und Tanya Vanasse. Er überlebte seine zweite Frau Carvel (geb. Beyer) Gold, mit der er die Tochter Lauren hatte. Nach langer Herzkrankheit starb Gold im Alter von 84 Jahren.
Forschung zu Neutronensternen
Gold entwickelte 1948 zusammen mit dem Mathematiker Hermann Bondi und dem Astronomen Fred Hoyle die sogenannte Steady-State-Theorie des Universums, die im Gegensatz zur Theorie des Urknalls eine konstante durchschnittliche Dichte an Materie in einem sich ausdehnenden, aber seit unbegrenzten Zeiten existierenden Weltalls annahm, wozu sie eine ständige Neu-Erzeugung und Vernichtung von Materie postulierten. Diese Theorie wird jedoch seit Entdeckung der Hintergrundstrahlung im Jahre 1965 in Fachkreisen kaum noch behandelt.
1955 sagte Gold voraus, dass die Mondoberfläche von einer feinen pudrigen Konsistenz ist, was damals von vielen Fachleuten bezweifelt wurde, aber nach der Mondlandung Bestätigung fand. Er entwickelte ferner eine Stereokamera, welche die Astronauten mit auf den Mond nahmen.
Gold war 1968/69 der erste Physiker, der gleich nach ihrer Entdeckung hinter Pulsaren rotierende Neutronensterne vermutete, seine berühmteste Entdeckung. Zunächst lehnte jedoch eine Fachkonferenz seinen entsprechenden Vortrag als so absurd ab, dass man dies noch nicht einmal als diskussionswürdig erachtete.
Kontroversen und Anfeindungen
Da viele seiner Thesen zunächst in der Fachwelt angefeindet wurden, entwickelte er eine kritische Haltung zum wissenschaftlichen Peer-Review-System, hinter dem er einen „Herdeninstinkt“ sah. Anstelle dessen schlug er einen „science court“ vor, der mit Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Fachgebieten zu besetzen sei und dennoch über hinreichende Fachkenntnis verfüge, um ein fragliches Thema von verschiedenen Perspektiven her beurteilen zu können.
1960 stellte Thomas Gold die Cosmic-Garbage-Theorie (dt. kosmischer Abfall) auf. Darin ventilierte er die Möglichkeit, dass extraterrestrische Weltraumreisende die Erde vor langer Zeit besucht und mit ihren zurückgelassenen Abfällen unbeabsichtigt Leben auf die Erde gebracht haben könnten.
Fast unerschöpfliche Erdgas- und Erdöllagerstätten
Seine letzten Kontroversen focht er auf geologischen Gebiet aus. Gold stellte die bis heute gängige Lehrmeinung in Frage, dass die Entstehung von Erdöl und Erdgas sich über geologische Zeiträume erstreckt und auf die Zersetzung und Umwandlung organischen Materials unter anaeroben Bedingungen zurückgeht. Stattdessen vermutete er, dass große Mengen von Kohlenwasserstoffen seit Entstehung der Erde in großen Tiefen vorhanden waren und beim Entweichen die – nach seiner Ansicht damit fast unerschöpflichen – Erdgas- und Erdöllagerstätten in der oberen Erdkruste bildeten („Deep Earth Gas Hypothesis“). Unter anderem führte er die Entstehung von Erdbeben auf aufsteigende Gase zurück.
Später wandelte er seine Theorie dahingehend ab, dass die gesamte obere Erdkruste bis zirka 10 km Tiefe von Bakterien oder Archaeen besiedelt sei („deep hot biosphere“). Bei den Spuren organischer bzw. biologischer Herkunft in Öl und Gas auf der Erde handele es sich um Stoffwechselprodukte von kohlenwasserstoffverwertenden, thermophilen und druckresistenten Bakterien in der Erdkruste die bei der Erdöl- und -gasförderung durch den plötzlichen Druckabfall quasi explodieren.
Hypothese bei Probebohrung bestätigt
Seine Hypothese versuchte er 1986 bei einer Probebohrung in Schweden (im Siljansring, einem alten Meteoritenkrater) zu beweisen. Dabei wurden mehrere Tonnen ölhaltigen Magnetitschlamms gefördert – und sehr schnell entsorgt, als Thomas Gold abwesend war. Die Frage für Vattenfall war, ob dieses Öl förderfähig ist. Diese und nur diese konnte nicht abschließend beantwortet werden, weil plötzlich kein Geld mehr da war. Die Hypothese selbst, das Vorhandensein nicht-fossiler Kohlenwasserstoffe im Granit, wurde aber bestätigt.
Seine Erdöl-Entstehungstheorie wird von der Mehrheit der westlichen Geologen nicht beachtet. Zwar steht mittlerweile außer Frage, dass es eine „tiefe Biosphäre“ gibt, jedoch gibt es keine Belege dafür, dass sie in wesentlichem Maße etwas mit der Entstehung von Erdöllagerstätten zu tun hat.
Ehrungen und Würdigungen
Gold galt als „Ideenmaschine“, weil er immer wieder konventionelle Ansichten in völlig neuer Weise betrachtete. Er assoziiere scheinbar unvereinbare Aspekte eines Problems und mache damit das, was kreative und erfolgreiche Wissenschaftler kennzeichnet – so der Gold-Schüler Peter Goldreich (California Institute of Technology) und der amerikanische Kreativitätsforscher Dean Simonton (University of California). Die Cornell-Universität hält jährlich eine Vorlesung mit Gastvortragenden, The Thomas Gold Lectureship Series ab.
Thomas Gold wurde mehrfach ausgezeichnet, so mit dem John Frederick Lewis Award (1972) und dem Humboldt Prize (1979). 1985 bekam er den höchsten Preis der Royal Astronomical Society, die Goldmedaille der Royal Astronomical Society. 1969 erhielt er einen Ehrendoktor der Universität Cambridge.
1964 wurde er als Mitglied („Fellow“) in die Royal Society of London gewählt. Mitglied der National Academy of Sciences (USA), Mitglied der American Academy of Arts and Sciences (1957), Mitglied der American Philosophical Society, Fellow der American Geophysical Union. Außerdem war er auch als Berater im Science Advisory Committee der US-Regierung tätig.
Textgrundlage: https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Gold_(Physiker)
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Erklärungen für die Unerklärbarkeiten
der herrschenden Theorie
„Die Biosphäre der heißen Tiefe“ von Thomas Gold — Zusammenfassung (Verlagstext)
Das Buch bietet für verschiedene Unerklärbarkeiten der herrschenden Theorie, wonach Erdöl aus Überresten von Pflanzen und Tieren stammen soll, die über lange Zeit im Boden Hitze und Druck ausgesetzt waren und sich dadurch chemisch verändert haben, eine Erklärung.
Warum kommt in Erdöl in der Regel mehr von dem reaktionsarmen Edelgas Helium vor als sonst wo, und warum enthält es Moleküle, die offensichtlich biologischen Ursprungs sind? Die biologische Erklärung des Erdöls kann letzteres, aber nicht ersteres erklären.
Warum findet man Erdöl unter Urgestein?
Warum stößt man in sehr tiefen Bohrlöchern, die tiefer als jede Sedimentablagerung hinunterreichen, auf Erdöl, das ebenfalls biologische Reste enthält?
Warum findet man Fluide (Gasgemische, darunter vor allem Methan) in Diamanteinschlüssen, die unter sehr hohem Druck entstehen, wie sie nur in extremen Tiefen vorkommen?
Warum gibt es viel mehr Erdöl, als sich aufgrund der biologischen Überreste aus früheren Zeiten erwarten und berechnen lässt?
Warum füllen sich Öl- und Gasfelder wieder auf, und manchmal sogar so schnell als man sie leerpumpen kann?
Warum findet man hochangereicherte Erzvorkommen in Gruppen beieinander und dazu noch häufig in Gebieten, in denen man auch Erdöl und Erdgas antrifft?
Warum erstrecken sich Erdölvorkommen oft über geographische Räume, die viel größer sind als irgend eine Sedimentablagerung in diesem Gebiet?
Woher nehmen all die hervorragend gedeihenden Lebensformen im Umfeld hydrothermaler Schlote am Meeresboden ihre Lebensenergie und den für ihren Körperaufbau benötigten Kohlenstoff?
Warum gedeihen die uns bekannten einfachsten und frühesten Lebensformen am besten bei den höchsten Temperaturen, in denen bekannte Lebewesen gerade noch überleben können?
Unter welchen Umständen konnten sich am wahrscheinlichsten erste Vorformen des Lebens bilden und das Leben entstehen?
Von welcher Energie lebten frühe Lebensformen, bevor im Laufe der Evolution der sehr komplizierte Vorgang der Photosynthese gemeistert wurde?
Es gibt zwei Annahmen, die auf alle diese Fragen eine stimmige Antwort geben.
1. Die Idee, dass Erdöl zum Material gehörte, aus dem sich die Erde bei ihrer Entstehung zusammengeballt hat, und das seither stetig aus dem Erdinneren an die Erdoberfläche aufsteigt. Das Material wird auch in den meisten anderen Himmelskörpern angetroffen.
2. In der Erdrinde gibt es, soweit die tiefsten Bohrungen bisher reichen, einen bis vor kurzem noch unbekannten Bereich mikrobiologischen Lebens. Er enthält mengenmäßig wahrscheinlich mehr lebende Substanz als alles Leben an der Erdoberfläche. Diese Lebensformen werden von den stetig aufquellenden gas- und ölförmigen Kohlenwasserstoffen mit Kohlenstoff und Energie versorgt, die sie brauchen. Dieser Lebensbereich ist inzwischen gut belegt und bietet sehr frühen Lebensformen und damit tatsächlich auch dem Ursprung des Lebens den bestmöglichen Lebensraum. (Nach der Neuübersetzung korrigiert.) ■
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Wie entstand das Leben auf der Erde?
Einleitung zur Erstausgabe (Auszug): „Die Biosphäre der heißen Tiefe“ von Thomas Gold — Von Prof. Dr. habil. Alfred Barth, korrespondierendes Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste mit Sitz in Paris. Halle/Saale im Oktober 2000
Das vorliegende Buch von Thomas Gold „Biosphäre in der heißen Tiefe“ trägt in einer überraschend unkonventionellen aber logischen und überzeugenden Weise zur weiteren Klärung fundamentaler Fragen bei, so zum Beispiel:
▬ Wie entstand das Leben auf der Erde?
▬ Welche chemischen und physikalischen Bedingungen waren für ein so ungewöhnliches Ereignis nötig?
▬ Kann Leben auch außerhalb der Erde entstanden sein?
▬ Ist die Entstehung des Lebens gar die unvermeidliche Konsequenz physikalischer Gesetze?
▬ Entstand es vielleicht an unzähligen Stellen im Universum?
Aber auch Fragen wie
▬ Ist Erdgas und Erdöl mineralischen oder biologischen Ursprungs?
▬ Was löst Erdbeben aus?
▬ Wieso kann es Diamanten an der Erdoberfläche geben?
Ohne flüssiges Wasser gibt es kein Leben. Dies gilt für alle Lebensbereiche für die uns bekannte Biosphäre an der Erdoberfläche bzw. im oberflächennahen Raum als auch für die Biosphäre in der heißen Tiefe, für deren Existenz Gold gewichtige Hinweise liefert. Sie ist, seiner Meinung nach, noch vor dem Leben an der Erdoberfläche unter extremen Bedingungen tief unten, unter hohem Druck und bei Temperaturen um die 100° C entstanden.
Tatsächlich ist man auf Lebensformen in der Tiefsee gestoßen, die die dort tätigen Vulkane umgaben. So ist denkbar, daß auch in der Tiefe der Erde unter ganz anderen physikalischen Bedingungen als auf der Erde Leben möglich ist. Hier könnten sich Biozönosen bilden, die sich deutlich von denen der oberflächennahen Biosphäre unterscheiden. Beiden gemeinsam wäre nur das Vorhandensein von Wasser in flüssiger Form und von Kohlenstoff als wichtigem Lebensbaustein. Über eine heiße Biosphäre in der Tiefe wissen wir noch wenig. Aber wir finden von ihr Spuren. So können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten, daß der Mensch, wenn es ihm technisch gelingt, in diese heiße Biosphäre vorzudringen und unter dem dort herrschenden hohen Druck experimentelle Studien zu betreiben, der Erkenntnis vom Ursprung des Lebens ein großes Stück weiterkommen könnte.
In diesem Umfeld entwickelt Thomas Gold seine revolutionierende Theorie von der Existenz einer heißen Biosphäre in der Tiefe unserer Erde. Er unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen zwei Typen von Biosphäre, der an der Erdoberfläche und der in der heißen Tiefe.
Uns allen bekannt ist die Biosphäre an der Oberfläche unserer Erde mit vorwiegend Sonnenlicht als Energiequelle, genügend Kohlendioxid und molekularem Sauerstoff und Wasser in flüssiger Form unter den uns bekannten Druck- und Temperaturbedingungen. Soweit das Sonnenlicht gelangt, findet dort Photosynthese statt. Es entstanden die bekannten Biozönosen, d.h. zunächst die primitiv gebauten einzelligen Cyanobakterien, danach die etwas komplizierteren einzelligen Grünalgen aber auch die Braun- und Rotalgen bis hin zu komplexen und komplizierten mehrzelligen photosynthetisch aktiven höheren pflanzlichen Lebensformen, wie den Blütenpflanzen. Diese Organismen bilden die Grundlage für die in der Evolution nachfolgenden Pflanzenfresser tierischen Ursprungs, die wiederum für die Fleischfresser oder für die Allesfresser, wie den Menschen, als wahrscheinliche Endstufe der Evolution wichtig sind.
So stellt sich uns in groben Zügen die Entwicklung des Lebens dar und findet in dieser Weise Eingang auch in populärwissenschaftiche Abhandlungen und damit in das Bewußtsein breiter Schichten der Bevölkerung. Auch die heutige gängige Ansicht wissenschaftlicher Kreise über die Entstehung der Arten durch Evolution beharrt auf diesen uns bekannten Lebensformen, die wir täglich beobachten und mit denen wir experimentieren können.
Aber die Bedingungen an der Biosphäre der Erdoberfläche bzw. im oberflächennahen Raum sind so, daß dort mit Sicherheit die Primärprozesse der Entstehung des Lebens nicht stattgefunden haben können. Allein die Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie durch Photosynthese ist so komplex und kompliziert, daß sie unmöglich als Ausgangspunkt für das Leben auf der Erde gedient haben kann.
Der Autor des vorliegenden Buches stellt sich daher die Frage, ob die Evolution wirklich an der Erdoberfläche begonnen haben konnte. Sollte es nicht vielmehr so gewesen sein, daß das Leben schon viel früher in flüssigem Wasser, aber unter in unseren Augen extremen für die Entstehung des Lebens tatsächlich aber weit günstigeren Bedingungen, nämlich bei hohen Temperaturen und hohen Drucken entstanden sein könnte. Seine Überlegungen stehen im Einklang mit dem, was man über die Erdentstehung und Erdentwicklung überhaupt weiß. Ist es möglich, daß es heute noch ähnliche Bedingungen gibt, unter denen erneut Leben entsteht und sich vermehrt, so daß hier Biozönosen existieren, die dem Ursprung des Lebens näher kommen und die wahrscheinlicheren Urformen des Lebendigen sein könnten? Ist es möglich, daß wir demzufolge der Frage nach dem Ursprung des Lebens näher kommen? [...]
Wenn die Organismen in der tiefen heißen Biosphäre von Kohlenwasserstoffen leben, so fragt sich, woher diese stammen. Die verbreitete Meinung, Kohle und Kohlenwasserstoffe stammten aus zersetztem biologischem Material würde der Evolutionstheorie nach Gold im Wege stehen. Die im Osten verbreitete abiogenetische Theorie über die Entstehung der Steinkohle und der Kohlenwasserstoffe würde sie dagegen stützen und beide Theorien würden gemeinsam zahlreiche bisher unerklärliche Erscheinungen im Bereich der Erdöl- und Erdgasgewinnung aufklären.
Gold glaubt im Gegensatz zu der im Westen verbreiteten Meinung über den biogenetischen Ursprung der Kohlenwasserstoffe, daß Kohlenwasserstoffe bereits mineralisch in dem Staub vorgekommen sind, aus dem sich die Erde vor rund 4,5 Milliarden Jahren einmal gebildet hatte. Auch Mendeljew vertrat schon die Ansicht über den abiogenen Ursprung der Kohlenwasserstoffe auf der Erde. Beobachtungen auf anderen Himmelskörpern, auf denen zwar kein Oberflächenleben, dafür aber reichlich Kohlenwasserstoffe gefunden wurden, bestätigen die Annahme.
Die abiogene Theorie der Erdölbildung beruht auf fünf Grundannahmen:
▬ Erstens: Kohlenwasserstoffe oder Komponenten, die sich bei hohem Druck zu Kohlenwasserstoff umgewandelt haben, müssen zum Urmaterial der Erde gehört haben.
▬ Zweitens: In den 4,5 Milliarden Jahren seit der Erdentstehung haben sich beträchtliche Anteile dieser Urformen oder der daraus gebildeten Kohlenwasserstoffe bei geringerem Druck und unter Einwirkung entsprechender Sonnenstrahlung nahe der Erdoberfläche in Kohlendioxid und Wasser aufgelöst. Dabei sind bedeutende Mengen an Sauerstoff freigesetzt worden. Ein Teil des Sauerstoffs wie auch des Kohlenstoffs wurde bei der Oxidation und Karbonatisierung des Gesteins an der Erdoberfläche gebunden. Teile des Wasserstoffs sind durch die Gravitation der Erde entwichen.
▬ Drittens: Die Kohlenwasserstoffe sind bei dem hohem Druck und hoher Temperatur im Erdinneren chemisch stabil.
▬ Viertens: Kohlenwasserstoffe konnten durch Gesteinsporen, die selbst bei dem großen Umgebungsdruck in der Tiefe offen bleiben, an die Erdoberfläche aufsteigen. Die für den Aufstieg erforderliche Antriebsenergie lieferte der Dichtegradient auf dem Weg nach oben.
▬ Fünftens: Schließlich muß die Quelle an Kohlenwasserstoffen aus großer Tiefe relativ stetig fließen.
Gold erörtert diese fünf Annahmen ausführlich und führt zu ihrer Bestätigung zahlreiche logische und sachliche Argumente an.
Bisher galt die Tatsache, daß man in Erdgas und Erdöl auf eindeutig organische Moleküle und Zellbestandteile gestoßen war (auch in Steinkohle und Anthrazit), als starker Beweis für die Theorie der biogenen Kohle- und Erdölentstehung. Gold bestreitet diese Beweise mit guten Gründen. Nach seiner Sicht stammen die biologischen Spuren von der Biosphäre in der heißen Tiefe und gelangten in den Strom der aufsteigenden Kohlenwasserstofffluida. Einen starken Beweis für den mineralischen Ursprung der Kohlenstoffe aus der Tiefe bietet auch die Existenz von Diamanten, deren Entstehung Gold eingehend erörtert. [...]
Das Studium des Buches „Biosphäre in der heißen Tiefe“ öffnet faszinierende Fragen und Perspektiven. Sein Autor ist einer der wenigen Menschen, die den Mut haben, den Angriffen des Mittelmaßes zum Trotz wissenschaftlich unkonventionell zu denken und seine Gedanken auszuformulieren. Seine Theorien durchdringt ein echter Pioniergeist. Der fehlt uns heute in der Regel und ganz besonders in Deutschland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es wäre zu wünschen, daß in der Forschung und der Forschungsverwaltung wieder Bedingungen einkehren, die eine größere Anzahl von Menschen anregen, wie Gold auf der Grundlage selbstkritischer Intuition und eines soliden breiten wissenschaftlichen Wissens in wirkliches Neuland vorzustoßen. Sie würden wieder ursprüngliches Denken im Einzelnen und gewagte, grundsätzliche und originäre Forschungsprojekte im übergreifenden anstoßen. Natürlich muß im Detail auch mit Irrtümern gerechnet werden. Aber das ist letzten Endes unerheblich, denn; „Ein Irrtum, der näher zur Wahrheit führt, ist unendlich wertvoller als die bloße Bestätigung im Grunde bekannter Sachverhalte“. [...] ■
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Namibia: Ölfeld mit „übergroßem Potenzial“ entdeckt
Die Aktien von Galp Energia legen um 6,1 Prozent zu, nachdem das portugiesische Energieunternehmen die Entdeckung von Öl vor der Küste Namibias bestätigt hat. Galp teilte mit, dass es eine „signifikante Säule von leichtem Öl in sandhaltigen Reservoirs von hoher Qualität“ entdeckt habe. Die Analysten der Citi sind der Ansicht, dass das übergroße Potenzial, das diese Exploration wahrscheinlich beinhalte, den Anlegern eine große Chance biete.
n-tv.de: „Ölfeld entdeckt: Energiekonzern-Kurs läuft heiß“, 10.1.2024
Thomas Gold (1920–2004)
Foto: © Austrian National Library*
In einem anderen
Zeitalter wäre ich eindeutig auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden.
Thomas Gold
Lebensdaten
Thomas Gold (* 22. Mai 1920 in Wien; † 22. Juni 2004 in Ithaca, New York) war ein US-amerikanischer Astrophysiker österreichischer Herkunft, der wie Fred Hoyle durch unorthodoxe Meinungen auf den verschiedensten Gebieten bekannt wurde. Seine Arbeitsgebiete waren Astrophysik und Radioastronomie. (Wikipedia)
*Zur Provenienz des Fotos: Dieses Porträt von Thomas Gold erscheint u. E. nur auf der Webseite https://www.austriainusa.org/thomas-gold mit dem Vermerk „© Austrian National Library“. Unsere Anfrage an die Österreichische Nationalbibliothek (Bildarchiv und Grafiksammlung) wurde am 2.1.2024 mit dem Betreff „LZ 1647/2023“ beantwortet und mitgeteilt, dass „in unseren Beständen (weder online noch im alten Katalog) kein Foto von Thomas Gold [zu] finden“ sei. Der einzige Anhaltspunkt für eine Recherche zum Copyright führte also nicht weiter, so dass etwaige Rechteinhaber gebeten werden sich zu melden.
Die Bücher
Thomas Gold: Die Biosphäre der heißen Tiefe und der Mythos der fossilen Energieträger (Schriftenreihe des Europäischen Instituts für Klima und Energie). Mit dem Originalvorwort von Freeman Dyson. 299 S., Paperback. TvR Medienverlag Jena; 1. Auflage in neuer Übersetzung (2023). ⋙ Link
»Dieses Buch präsentiert äußerst kontroverse Theorien: Zum einen, dass sich unter der Erdoberfläche eine Biosphäre befindet, die eine größere Masse und ein größeres Volumen hat als die Biosphäre der Erdoberfläche, als die Gesamtsumme der Lebewesen auf den Kontinenten und in den Ozeanen unseres Planeten. Demnach sind die Bewohner dieser unterirdischen Biosphäre keine Pflanzen oder Tiere, wie wir sie kennen, sondern wärmeliebende Mikroorganismen, die sich ausschließlich von Kohlenwasserstoffen ernähren, also von Erdgas und Erdöl. Außerdem, und das ist vielleicht am ketzerischsten, geht der Autor Thomas Gold davon aus, dass die meisten Kohlenwasserstoffe der Erde kein Nebenprodukt biologischer Prozesse („fossile Brennstoffe“), sondern Bestandteil jener Materie sind, aus der die Erde vor Milliarden von Jahren entstand. Aus diesen Thesen entwickelt der Autor Antworten auf weitere, sich daraus ergebende Fragen: Ist die tiefe, heiße Biosphäre der Ursprung des Lebens? Könnte es auch auf dem Mars und anderen scheinbar unfruchtbaren Planeten tiefe Biosphären geben? Noch provokanter: Ist es möglich, dass es in den Tiefen der Erde einen enormen Vorrat an Kohlenwasserstoffen gibt, der uns mit Gas und Erdöl im Überfluss versorgen könnte? Wie weit hergeholt viele Hypothesen Thomas Golds auch erscheinen mögen: Sie werden durch eine wachsende Zahl wissenschaftlicher Studien und die unbestreitbare Ernsthaftigkeit gestützt, mit der er sich zu seinen Lebzeiten in jede wissenschaftliche Debatte einbrachte.« (Verlagstext)
Thomas Gold: Biosphäre der heißen Tiefe. 262 Seiten. Edition Steinherz (Erstausgabe 2000)
Thomas Gold: Das Jahrtausend des Methans. Die Energie der Zukunft – unerschöpflich, umweltfreundlich. Verlag: ECON/Springer, 1998
»Im Juni 1997 hatte mich die NASA aufgefordert, bei der alljährlichen Vorlesungsveranstaltung am Goddard Raumfahrtzentrum in Maryland den Festvortrag zu halten. Meine Beiträge zur Theorie der Biosphäre in der heißen Tiefe der Erde und der Umstand, daß diese Theorie die Möglichkeit für außerirdisches Leben erlaubt, haben mir diese Einladung eingebracht. Natürlich hat mir diese Einladung geschmeichelt. Gleichzeitig ärgerte mich das Thema, über das ich sprechen sollte. "Leben unter extremen Umweltbedingungen". Ich hatte wenig Interesse, über die Biosphäre an der Erdoberfläche zu sprechen, und doch, hätte ich das Thema wörtlich genommen, wäre es genau das gewesen, worüber ich hätte sprechen sollen. Das Leben unter extremen Umweltbedingungen ist nämlich das Leben an der Erdoberfläche, unser Leben. Wenn es eine Idee gibt, von der ich hoffe, daß Sie – werter Leser – sie noch lange nach der Lektüre dieses Buches in sich hegen, so ist es die folgende: Wir an der Erdoberfläche sind es, die unter extremen Umweltbedingungen leben. Und wenn es ein Verlangen gibt, daß ich in Ihnen wecken möchte, so ist es die Neugier, mehr über die ersten und wahrhaft irdischen Lebewesen zu erfahren, die alle tief unter unseren Füßen als das leben, was ich die Biosphäre in der heißen Tiefe genannt habe. Leider kann ich hier nur damit beginnen, diese Neugier zu befriedigen, denn soweit wir die Biologie und den Kosmos bisher verstehen, werden noch mehr Fragen als Antworten aufgeworfen. Aber das ist es ja gerade, was die Erforschung der Biosphäre in der heißen Tiefe so begeistern läßt.« (Autorenkommentar)
Dr. Holger Thuß bei AUF1
Sind Erdgas und Öl prinzipiell unendlich? „Deep hot Biosphere“ von Thomas Gold wird neu publiziert (Dr. Holger Thuß bei AUF1 im Interview; 24.10.2023; 7:11 min.)
»Sind die „fossilen“ Energieträger wirklich fossil? Warum haben dann die Nachbarplaneten der Erde teils auch Mineralöl und Erdgas in ihrer Kruste – obwohl es dort nie Leben gab? Das moderne Universalgenie Thomas Gold (gest. 2004) veröffentlichte nach der Mars-Mission 1996 sein Buch zur Theorie der Tiefen Biosphäre, die sich weit unter der für Menschen erreichbaren Schichten befinden könnte. Diese bakterienähnlichen Lebewesen hätten auch ohne Sonnenlicht genug Energie zum Leben – die prä-fossilen Kohlenwasserstoffen bieten reichlich davon.«
Abiotische Sichtweise
Klaus Peter Krause: Fossile Energierohstoffe, die fossil nicht sind (Sprecher: Robert Paul; eigentümlich frei vom 10.04.2024; 13:16 min.)
Konrad Fischer erzählt
Lightaspect: ERDÖL ist KNAPP??? Enthüllendes Interview mit Konrad Fischer (20.3.2015; 5:32min.)
»Der Achitekt Konrad Fischer erzählt uns die Hintergründe, was das Öl-Geheimnis angeht. Sind Öl, Gas und Kohle fossile Vorkommen? Das haben wir in der Schule gelernt, aber entspricht es auch der Wirklichkeit?«
Udo Pollmer spricht
Pollmers Mahlzeit: Erdöl – ein „nachwachsender“ Rohstoff? (20.7.2018; 7:22 min.)
»Warum es durchaus Zweifel an der bestehenden Theorie gibt. Es spricht der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer, wissenschaftlicher Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften EU.L.E. e.V. (http://www.pollmers-mahlzeit.de)«
Hintergrund
The capital fact to note is that petroleum was born in the depths of the Earth, and is only there that we must seek its origin. / Die wichtigste Tatsache, die es zu beachten gilt, ist, dass das Erdöl in den Tiefen der Erde geboren wurde, und nur dort müssen wir seinen Ursprung suchen.
Dmitri Mendelejew (1834–1907), 1877
The overwhelming preponderance of geological evidence compels the conclusion that crude oil and natural petroleum gas have no intrinsic connection with biological matter originating near the surface of the Earth. They are primordial materials which have been erupted from great depths. / Das überwältigende Übergewicht der geologischen Beweise zwingt zu der Schlussfolgerung, dass Erdöl und natürliches Erdölgas in keinem inneren Zusammenhang mit biologischer Materie stehen, die nahe der Erdoberfläche entstanden ist. Es handelt sich um Urstoffe, die aus großen Tiefen ausgebrochen sind.
Wladimir Porfirjew (1899–1982), 1956
Geology is the prisoner of several dogmas that have had widespread influence on the development of scientific thought. / Die Geologie ist der Gefangene mehrerer Dogmen, die einen weitreichenden Einfluss auf die Entwicklung des wissenschaftlichen Denkens hatten.
William R. Corliss (1926–2011), 1975
The suggestion that petroleum might have arisen from some transformation of squashed fish or biological detritus is surely the silliest notion to have been entertained by substantial numbers of persons over an extended period of time. / Die Vorstellung, dass Erdöl aus einer Umwandlung von zerquetschten Fischen oder biologischen Abfällen entstanden sein könnte, ist sicherlich die dümmste Idee, die von einer beträchtlichen Anzahl von Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg in Erwägung gezogen wurde.
Sir Fred Hoyle (1915–2001), 1982
Hydrocarbons are not biology reworked by geology (as the traditional view would hold), but rather geology reworked by biology. / Kohlenwasserstoffe sind nicht die von der Geologie überarbeitete Biologie (wie die traditionelle Sichtweise behauptet), sondern die von der Biologie überarbeitete Geologie.
Thomas Gold
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Interview
Öl und Gas unendlich?
TriaTerra-Blog: Öl + Gas Unendlich? – Thomas Gold: Biosphäre der heißen Tiefe – Teil 1/2 (25.8.2017; 47:07 min.)
TriaTerra-Blog: Öl + Gas Unendlich? – Thomas Gold: Biosphäre der heißen Tiefe – Teil 2/2 (1.9.2017; 52:45 min.)
Buchbesprechung Thomas Gold: „Biosphäre der heißen Tiefe“; „Jahrtausend des Methans“ Ist Öl und Gas unendlich und Teil der Erdkruste, wie auch auf anderen Planeten und Monden in unserem Sonnensystem. Überall blubbert Methan aus dem Boden. Warum aber sieht dann Erdöl so biologisch aus? Antwort: die Biosphäre der heißen Tiefe!
Abiogenes Gas und Öl
11. AZK: „Abiogenes Gas und Öl – die unerschöpfliche Energiequelle“ – Hans-Joachim Zillmer (6.5.2015; 1:19:00 Std.)
Dipl. Ing. Hans-Joachim Zillmer referiert an der 11. AZK-Veranstaltung über das Thema: Abiogenes Gas und Öl - die unerschöpfliche Energiequelle