Hans Corbat (1926–2010). Foto für seine Haftakte, April 1952 — Bildquelle: Sächsische Landeszentrale für politische Bildung

Lebensdaten

Hans Corbat wurde am 29. Juli 1926 in Berlin-Lichtenberg als Sohn eines Schulhausmeisters und einer Hausfrau geboren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, das er als Soldat der Wehrmacht im Kessel von Halbe erlebte, kehrte er zurück in seinen Heimatort Berlin-Kaulsdorf. Er trat der sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) bei und arbeitete als Kultur- und Pressereferent in einem antifaschistischen Jugendausschuss. Nachdem er aus der SPD wegen der bevorstehenden Zwangsvereinigung mit der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) ausgetreten war – seine Austrittserklärung mit der Begründung hatte er im Jugendheim von Berlin-Kaulsdorf an das Schwarze Brett geheftet – wurde er am 3. April 1946 von sowjetischen Uniformierten abgeholt. Unter dem Vorwand, er solle englische Texte übersetzen, wurde er in einen so genannten GPU-Keller, dem als sowjetisches Untersuchungsgefängnis genutzten Keller einer Villa am Kupfergraben Nr. 7 in Berlin-Mitte, gebracht. Als er auf die Vorlage von Texten zur Übersetzung dort vergeblich wartete musste er begreifen, dass er verhaftet worden war. Fast fünf Monate blieb Hans Corbat in der Untersuchungshaft. Nach zahlreichen nächtlichen Verhören und Misshandlungen unterschrieb er schließlich ein erfundenes Geständnis.

Am 23. August 1946 wurde Hans Corbat vom sowjetischen Militärtribunal (SMT) Berlin wegen »Spionage« und »antisowjetischer Propaganda« zu 20 Jahren Arbeitslager verurteilt und wenige Tage später von der Berliner Untersuchungshaftanstalt Magdalenenstraße in das Speziallager Nr. 10 nach Torgau (Fort Zinna) überführt. Dort wurde er ca. drei Monate bei erzwungener Untätigkeit, äußerst mangelhafter Ernährung und ohne Außenkontakte inhaftiert. Am 25. November 1946 wurde er in das Speziallager Nr. 4 nach Bautzen (»Gelbes Elend«) verlegt und blieb auch nach der Übernahme des Gefängnisses durch die Deutsche Volkspolizei Anfang 1950 weiter dort in Haft. Im Juni 1955 wurde seine Strafe auf zehn Jahre herabgesetzt. Am 31. März 1956 folgte schließlich die Entlassung.

Hans Corbat verbrachte einige Tage bei seinen Eltern in Berlin-Lichtenberg und verließ dann die DDR. Er lebte in Hannover, wo er bis zu seiner Pensionierung 1991 in der Oberfinanzdirektion arbeitete. Am 30. November 1993 wurde Hans Corbat durch die russische Hauptmilitärstaatsanwaltschaft rehabilitiert. Von 1995 bis 2000 war er Vorsitzender des Bautzen-Komitees, der von ihm mitgegründeten Vereinigung ehemaliger politischer Häftlinge der Bautzener Gefängnisse, und von 1995 bis 1999 Vorsitzender des Beirates der Stiftung Sächsische Gedenkstätten. Für sein Engagement für Demokratie und die Erinnerung an das DDR-Unrecht wurde Hans Corbat 2009 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Am 10. Juni 2010 ist er in Hannover gestorben.

Text: Stiftung Sächsische Gedenkstätten

 

Das Buch

Hans Corbat: Erlebnisse in kommunistischen Lagern und Gefängnissen
Hans Corbat: „Unserer Entwicklung steht er feindselig gegenüber.“ Erlebnisse in kommunistischen Lagern und Gefängnissen in Berlin, Torgau und Bautzen 1946 – 1956 Lebenszeugnisse – Leidenswege. Eine Heftreihe herausgegeben von Norbert Haase und Clemens Vollnhals im Auftrag der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft in Zusammenarbeit mit dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V. an der TU Dresden. Heft 15 © Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft (2004)

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