Argumente zum Rapport
Die Stromversorgung
wird immer unsicherer
Das Abschalten der Braunkohlekraftwerke verteuert Elektroenergie weiter und führt zu Versorgungslücken. Prof. Dr.-Ing. Hans-Günter Appel fragt: Muss erst ein tagelanger Blackout die Politiker zur Einsicht bringen?
Der Gegenwart. — 1. April 2024
Das Abschalten der Braunkohlekraftwerke zwischen Köln und Aachen verteuert den Strom weiter und führt zu Versorgungslücken. Stromausfälle rücken näher.
Die Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätswerke (RWE) haben über viele Jahrzehnte mit ihren Kraftwerken sicher und preiswert das Ruhrgebiet und größere Teile von Deutschland mit Strom versorgt. Energieträger war vor Ort gewonnene Braun- und Steinkohle. Mit dem Auslaufen der unrentablen Steinkohleförderung (Erdöl und Importkohle wurden viel preiswerter) wurden die Steinkohlekraftwerke zunächst mit Importkohle weiter betrieben. Die Energiewende, die CO₂-Emissionen verteufelt und mit teuren CO₂-Zertifikaten die Stromerzeugung aus Kohle verteuert, verringerte die Rentabilität. So wurden die Steinkohlekraftwerke vorwiegend an einen tschechischen Investor verkauft und massiv in Windstromanlagen weltweit investiert. Damit konnte man sich auch als ergrünendes Energieunternehmen brüsten. Die Braunkohlekraftwerke, die den günstigsten Strom erzeugen, blieben bis heute bei RWE.
Gesicherte Leistung fehlt
Nun soll ein Teil der Braunkohlekraftwerke stillgelegt werden, wie es im Kohleausstiegsgesetz gefordert wird. Dazu gehören auch Kraftwerksblöcke, die als Notreserve in den letzten Jahren zur Stabilisierung des Stromnetzes wieder angefahren wurden. Für ein stabiles Netz wird 45 Prozent installierte Leistung aus Kraftwerken gebraucht. Die Kraftwerke können im energetisch ungünstigen Teillastbereich laufen, wenn über 55 Prozent Wind- und Solarstrom (Fakepower) eingespeist wird. Wichtig ist die Momentan-Reserve, die als Rotationsenergie in den großen Massen der Turbinen und Generatoren gespeichert ist. Sie bremst Netzschwankungen, bis Regelkraftwerke einspringen.
Die Netzleistung schwankt zwischen 50 und 75 Gigawatt (GW). Mit der Abschaltung von mehr als 3 GW sicherer Leistung fehlen dann 9 Prozent zum Ausgleich des schwankenden und nicht regelbaren Wind- und Solarstroms.
RWE verdient an „erneuerbaren Energien“ zweimal
Laut Presseberichten über die Jahreshauptversammlung hat RWE im letzten Jahr den Gewinn deutlich erhöht. Nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden, Markus Krebber, hat dazu die Stromerzeugung aus Braunkohle nur wenig beigetragen. Die Gewinne würden im Wesentlichen aus den „erneuerbaren Energien“ und der Stromverteilung an die Kunden gespeist. Im Klartext dürfte das heißen: RWE verdient zweimal. Zunächst an den lukrativen Einspeisevergütungen aus den Fakepower-Anlagen, die vom Steuerzahler nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) subventioniert werden, dann aus den Rückkauf des eingespeisten Stroms über die Börse zu viel geringeren Preisen. Bei Starkwind und Sonnenschein gibt es den Strom oft umsonst. Letztes Jahr wurde sogar über mehr als 300 Stunden die Abnahme des Überschussstroms noch vergütet (negative Börsenpreise).
Teure Netze
RWE braucht sich um die Netzstabilität nicht mehr zu sorgen. Die Aufgabe haben die 4 Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz für Ostdeutschland, Amprion für das erweiterte Ruhrgebiet, Tennet für die Mitte Deutschlands von der See bis nach Bayern und TransnetBW für Baden Württemberg bekommen. Die Netzbetreiber sind zuständig für die Vergütung der Fakepower-Einspeisung und für die Netzstabilität. Sie haben Zugriff auf die Kohle- und Gaskraftwerke zum Regeln der Netzleistung auf den Bedarf. Seit Beginn der Energiewende sind die Regelkosten von 100 Millionen im Jahr auf 4.200 Millionen Euro gestiegen. Für jeden Einwohner sind das über 50 Euro Mehrkosten im Jahr. Mit der Abschaltung der Kohlekraftwerke steht immer weniger Regelleistung zur Verfügung, die immer mehr schwankende Fakepower im Netz stabilisieren soll. Das muss schiefgehen.
Bundesrechnungshof wird ignoriert
Der Bundesrechnungshof hat diese Entwicklung, die zum Zusammenbruch des Stromnetzes führen muss, vor wenigen Wochen scharf kritisiert. Doch das stört den zuständigen Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck nicht. Er bejubelt die Reduktion der CO₂-Emissionen durch den Niedergang der deutschen Industrie als Erfolg seiner Politik. Gestützt wird er von dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, und den Vorstandsvorsitzenden von RWE und E-on, die bei Bedarf sichere Leistung aus dem Ausland importieren wollen.
Deutschland wird noch mehr erpressbar
Das Abschalten der mit heimischer Braunkohle betriebenen Kraftwerke in West und Ost macht Deutschland voll abhängig von importierten fossilen Brennstoffen und damit beliebig erpressbar. Die Deindustrialisierung wird beschleunigt. Stromimporte mit gesicherter Leistung aus den Nachbarländern werden unsicherer, weil auch die EU die fossilen Brennstoffe verdammt. Der weitere Ausbau von Fakepower-Anlagen lässt die Stromkosten steigen und schwächt das Stromnetz bis zum Zusammenbruch. Trotz Warnung des Bundesrechnungshofes wollen alle Bundestagsparteien (bis auf die AfD) die Energiewende zur Weltklimarettung weiter treiben. Muss erst ein tagelanger Blackout die Politiker zu der Einsicht bringen, dass wir noch Jahrzehnte auf die fossilen Brennstoffe angewiesen sind?
Die heimischen Braunkohlekraftwerke müssen ausgebaut und nicht stillgelegt werden. Die Steinkohlekraftwerke müssen als preiswerte Stromerzeuger mit gesicherter Leistung weiter betrieben werden. Kohle ist weltweit in großen Mengen verfügbar. Die Erpressbarkeit verringert sich. Und Kohle kann problemlos im Freien auf Halde gelagert werden. Ist das den Politikern nicht bekannt?
Quelle: NAEB e.V. Stromverbraucherschutz: Pressemitteilung 2407 – April 2024 „Die Stromversorgung wird immer unsicherer“, 1. April 2024
* * *
Die NAEB-Aktionspunkte
Die unerlässlichen Maßnahmen zur Reduktion der Kosten und zur Sicherung der Energieversorgung (Strom, Wärme und Treibstoff) sind in diesen 6 NAEB-Aktionspunkten (Postulate) formuliert:
1. Fakepower stoppen (Solar-/Wind-/Biogas-Strom), keine Börsenvermarktung, EEG-Abwicklung beenden.
2. Nord-Stream reparieren, weiterhin Erdgas- statt Wasserstoff (H₂).
3. Weiterhin Kohle-Strom, KW reaktivieren, kein CCS, heimische Förderung forcieren/reaktivieren.
4. CO₂-„Steuer“ beenden, Klima-Schutzgesetz tw. aussetzten, Klima- und Transform.-Fonds (KTF) auflösen
5. GEG (20-24) stoppen, zurück zur Dritten Wärmeschutzverordnung (1995), weiter Kamin statt WP
6. E-/Bio-Fuels stoppen; Kfz-Batteriemobilität stoppen.
Begriffe: KW ~ Kraftwerk, StK ~ Steinkohle, WP ~ Wärmepumpe, ETS ~ Emission Trading System; Zukünftig, wenn Existenz gesichert: Kernkraft-Werke, Fracking + Horizontal-Drilling Technologie
Aktuelle Artikel
NAEB e.V. Stromverbraucherschutz
Wertloser Strom
Blackout
Kohle oder Gas als Grundlast-Strom
Unser Strom – das Element an Rang 5
Biomasse (BHKW)
Kohleverstromung
Fakepower
Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel, emeritierter Professor der Wilhelmshavener Fachhochschule für Materialkunde, Fachbereich Feinwerktechnik. Er war öffentlich-bestellter und vereidigter Sachverständiger für metallische Werkstoffe und am 15. Mai 2009 Mitbegründer des gemeinnützigen Vereins Stromverbraucherschutz NAEB.
Kontakt: hans-guenter.appel@naeb.info
Vortrag Energiewende
Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel: Basis-Vortrag Energiewende, 2014
NAEB e.V.
(gemäß Vereinsregister-Eintrag: NAEB e.V. Stromverbraucherschutz)
Vorsitzender: Heinrich Duepmann
Stellv. Vorsitzender: Dr. Thomas Fix
Leiter Finanzen: Ludger Elberfeld
Schriftführer: Karl Eichner
Leiter Öffentlichkeitsarbeit: Prof. Dr. Hans-Günter Appel
Leiter Technik: Ernst-Friedrich Behr
Postalische Anschrift: NAEB e.V. Stromverbraucherschutz, Mühlenstr. 8a, 14163 Berlin
Vorstands-Geschäftstelle: Georg-Buechner-Weg 3, 33335 Gütersloh
Email: info@naeb.info
Informationen: www.naeb.info und www.naeb.de
Youtube-Kanal: NAEB
Youtube-Kanal: Heinrich Duepmann
Abkürzungen
Sie kommen mit einer Abkürzung aus dem Strombereich nicht zurecht? Schauen Sie bitte hier: https://www.naeb.info/Glossar.htm
Fakepower
Und beachten Sie bitte, egal wie man ihn bezeichnet: Ökostrom, Windstrom, Voltaik- oder Solarstrom, Biogasstrom, EE-Strom, Strom aus erneuerbaren Energien, solange er Kraftwerkstrom ersetzen soll, also ins Stromnetz eingespeist wird, ist es Fakepower.
Nach Plan abgeschaltet
Mehrere Kohlekraftwerksblöcke nach Plan abgeschaltet (Tagesschau vom 31.3.2024; 2:12 min.)
»Zu Ostern sind in Deutschland mehrere Kohlekraftwerks-Blöcke vom Netz gegangen. Im Rheinischen Revier sowie in Brandenburg wurden insgesamt sieben Braunkohle-Kraftwerksblöcke abgeschaltet. Das haben die Energieunternehmen RWE und LEAG bestätigt. Eigentlich sollten alle Blöcke schon früher stillgelegt werden.«