
Machtworte – Inspektion der Herrschaftssprache
„Es geht fast um so was
wie neue Staatsfeinde“
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) meint, dass Protestler, Coronaleugner und Verschwörungstheoretiker Ängste in der Bevölkerung schüren würden.
Der Gegenwart. — 29. August 2022
Ich habe schon Sorge, wenn das richtig handfest wird – Energiekrise, Preise, kaltes Wohnzimmer, beim Sprit wird's immer teurer –, dass dann der Boden für solche Narrative, für solche Verschwörungstheorien größer wird. […] Es geht jetzt nicht mehr um Protestler, sondern es geht fast um so was wie neue Staatsfeinde, die sich da etablieren.
Herbert Reul, Innenminister von NRW, am 19. August 2022 bei ntv Frühstart
N-tv.de berichtet: „Steigende Preise und Energieknappheit im Winter: Der Innenminister von NRW, Herbert Reul, fürchtet, dass sich Ungutes zusammenbraut. Das Protestpotenzial in Deutschland beschäftige sich nicht mehr mit Corona, sondern schüre mit neuen Themen Ängste in der Bevölkerung.“
Das Interview wird von dem Kölner Fernseh-Nachrichtensender (gehört seit 2006 mehrheitlich zu RTL Deutschland/Bertelsmann) wird auf der Webseite zugespitzt und getitelt mit »„Reul im "ntv Frühstart" "Da etablieren sich neue Staatsfeinde"«.
Textgrundlage mit Video: https://www.n-tv.de/politik/NRW-Innenminister-Herbert-Reul-Angste-der-Menschen-werden-missbraucht-article23525896.html
Reuls Polizeigesetz: „schwerer Eingriff ins Grundgesetz“
Als amtierender Leiter des Innenministeriums NRW war Reul maßgeblich an der Reform des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) beteiligt, die die Kritik der Oppositionsparteien, zahlreicher Bürgerrechtsvereinigungen sowie auch der Landesdatenschutzbeauftragten Helga Block auf sich zog.
Die vorgesehenen Maßnahmen richteten sich gegen eine Vielzahl von Unbeteiligten, eine Ausweitung der Videoüberwachung sowie die Überwachung der Telekommunikation wurden von dieser als „schwerer Eingriff ins Grundgesetz“ bezeichnet. Die Polizei übernehme durch das neue Gesetz zunehmend die Arbeit der Nachrichtendienste.
Die Landesregierung entschied nach einer Sachverständigenanhörung die Einführung des Gesetzes bis nach der Sommerpause 2018 zu vertagen und kündigte Nachbesserungen an. Zuvor hatte sich die FDP-Fraktion als Koalitionspartner mehreren Kritikpunkten angeschlossen.
Einer der Streitpunkte war dabei insbesondere die Möglichkeit einer Gewahrsamnahme ohne des tatsächlichen Vorliegens einer Straftat. Bislang musste vom Gefährder eine „konkrete Gefahr“ ausgehen, in Zukunft gilt eine „drohende Gefahr“ als ausreichend, um diesen bis zu einem Monat lang festzuhalten. Innenminister Reul wies die Kritik zurück und verteidigte das geplante künftige präventive Vorgehen. Zwar könne man nicht ausschließen, auch Unschuldige in Gewahrsam zu nehmen.
Aber wenn ich die Wahl habe, einen mit einer falschen Nachricht vielleicht einen Tag zu lange im Gefängnis zu haben, oder zu verhindern, dass eine Bombe hochgeht und 100 Menschen tot sind, dann entscheide ich mich dafür, das Leben der Menschen zu sichern.
Präventive Maßnahmen stünden zudem unter einem Richtervorbehalt. Grüne und SPD im nordrhein-westfälischen Landtag behielten sich eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht vor. Daraufhin besserte die Landesregierung nach und nahm einige von Verfassungsexperten stark kritisierte Passagen aus dem Gesetzesentwurf. Herbert Reul äußerte dazu:
Was bringt das beste Gesetz, wenn es am Verfassungsgericht scheitert? Der korrigierte Entwurf begrenzt das verfassungsrechtliche Risiko auf ein Minimum.
Der Verein Digitalcourage hat im Herbst 2019 Verfassungsklage gegen das Gesetz eingelegt.
Textgrundlage: https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Reul
Fakten
Herbert Reul (* 31. August 1952 in Langenfeld) ist ein deutscher Politiker (CDU) und seit dem 30. Juni 2017 Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen. (Wikipedia)
Das Interview
Herbert Reul NRW Innenminister „Sorge, dass Boden für Verschwörungstheorien größer wird“