Hinweise auf Menschen
Hildegard Rauschenbach
Die junge Frau aus Ostpreußen kam für dreieinhalb Jahre Zwangsarbeit nach Sibirien. Später beschrieb sie ihre Geschichte in Büchern und Artikeln und setzte sich für Verständigung ein.
Der Gegenwart. — 28. Oktober 2022
Es war mein innerer Zwang, alles niederzuschreiben. Ich habe dabei nicht übertrieben, habe nichts beschönigt. Ich bin keine Schriftstellerin und habe alles mit einfachen Worten erzählt, die jeder kennt. Auch habe ich keine Untersuchungen durchgeführt und hoffe, dass es in meinem Buch keine tendenziellen Aussagen gibt. Meine tiefe Dankbarkeit gilt jenen russischen Menschen, die sich in unsere Lage versetzen konnten und uns halfen, obwohl sie selbst nur das Notwendigste zum Leben hatten. Dieses Buch soll den Menschen, darunter auch meinem Sohn, dem ich es widme, zeigen, dass ungeachtet aller Schwierigkeiten, die einem im Leben begegnen können, man vergeben können und gleichzeitig Optimist bleiben muss.
Hildegard Rauschenbach im Vorwort ihres Lagerberichts
Hildegard Mischke wuchs in Ostpreußen auf. Ihre beiden Brüder fielen im Zweiten Weltkrieg. 1945 war sie eine von 250.000 Frauen und Mädchen, die von der Roten Armee festgenommen und aus Ostpreußen und Pommern in Gulags deportiert wurden. Sie musste dreieinhalb Jahre Zwangsarbeit im Zwangsarbeitslager 6437 in Schadrinsk leisten, bevor sie wieder nach Deutschland zurückkehren konnte. Seit 1950 lebte sie in Berlin. Dort heiratete sie im selben Jahr Heinz Rauschenbach, mit dem sie einen Sohn hatte. Sie schrieb acht Bücher, viele Erzählungen und Essays, Beiträge für die Printmedien, 100 Gedichte und 50 Lieder, teilweise in Niederpreußisch. Auf Schallplatten sind von ihr gesungene Lieder aus Ostpreußen erhalten.
Am Volkstrauertag 2001 hielt sie im Reichstagsgebäude eine Gedenkrede für die in den Kriegen gefallenen und ums Leben gekommenen Menschen. Im selben Jahr initiierte sie das Mahnmal für die im Zweiten Weltkrieg verschleppten deutschen Frauen und Mädchen, das der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf dem Friedhof Lilienthalstraße (Berlin) errichtete. Für ihren großen Beitrag zur Verständigung zwischen dem russischen und dem deutschen Volk erhielt sie einen Bundesverdienstorden. Unter dem Titel „Vergeben ja, vergessen nie“ veröffentlichte N. Dejnova im Juni 2010 einen Nachruf in der Schadrinsker Gans, einer russischen Literaturzeitung.
Textgrundlage: https://de.wikipedia.org/wiki/Hildegard_Rauschenbach
Hildegard Rauschenbach beim Deutschlandtreffen der Ostpreußen 2005
Foto: Preußische Allgemeine Zeitung/Wikimedia
Lebensdaten
Hildegard Rauschenbach geb. Mischke (* 15. März 1926 in Dickschen, Kreis Pillkallen, Ostpreußen; † 7. Februar 2010 in Berlin) war eine deutsche Schriftstellerin. (Wikipedia)
Bücher
Drei der Bücher von Hildegard Rauschenbach in einer Ausgabe vom Weltbild Verlag, Augsburg, 2002/ 2003/ 2004
Zuhause in Pillkallen. Dorfgeschichten erlebt in Ostpreußen. Rautenberg, Leer 2003.
Marjellchen wird Berlinerin. Heimkehr aus Sibirien und Neuanfang. Rautenberg, Leer 1990.
Von Pillkallen nach Schadrinsk. Meine Zeit im 'Lager 6437' und das Wiedersehen nach 43 Jahren. Rautenberg, Leer 2001.
Lager 6437. Ich war verschleppt nach Sibirien. Rautenberg, Leer 1994.
Koddrig und lustig. Ostpreußische Originale in einem Pungel. Rautenberg, Leer 2003.
Marjellchens verzwickte Verwandtschaft. Aus dem alten Ostpreussen . Westkreuz-Verlag, Bad Münstereifel 2001.
Vergeben ja, vergessen nie – damals verschleppt im Ural-Gebiet, heute auf dem Weg der Versöhnung. Westkreuz-Verlag, Bad Münstereifel 2001.
Marjellchen plachandert wieder. Erzählungen, Kochrezepte, Sprichwörter. Rautenberg, Leer 2005.
Ehrungen
Bundesverdienstkreuz am Bande (2002)
Goldenes Ehrenzeichen der Landsmannschaft Ostpreußen (2002)
Kulturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen (2008)
Ostpreußen
Ostpreußen (niederpreußisch Ostpreißen) war seit dem 18. Jahrhundert eine Bezeichnung für den östlichsten Teil des Staates Preußen, wobei ursprünglich die Bezeichnung Preußen ausschließlich für die Landschaft im Osten (zwischen unterer Weichsel und unterer Memel) galt, in der die baltischen Prußen lebten (historische Landschaft Preußen). In allen historischen Landschaften an der östlichen Ostsee betrieb der Deutsche Orden ab dem 13. Jahrhundert die Christianisierung. 1525 entstand aus dem Kernland des Deutschordensstaats (historische Landschaft Preußen) das Herzogtum Preußen. 1618 kam es durch Vererbung an den Kurfürst von Brandenburg. Im Jahr 1701 krönte sich Kurfürst Friedrich III. in Königsberg zum König in Preußen. Ostpreußen war seit 1772 keine Exklave mehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Nordteil Ostpreußens unter dem Namen Oblast Kaliningrad (Name der hier liegenden ostpreusischen Hauptstadt Königsberg geändert in Kaliningrad) Teil der Sowjetunion. Der Südteil fiel an Polen, wo er die Woiwodschaft Ermland-Masuren bildet. (Wikipedia)
Dickschen
Abramowo (russisch Абрамово, deutsch Klein Rudminnen, 1938 bis 1945 Kleinruden, auch: Dickschen, 1938 bis 1945 Lindbach, litauisch Žirnupiai) ist ein Ort in der russischen Oblast Kaliningrad im Rajon Krasnosnamensk. Er gehört zur kommunalen Selbstverwaltungseinheit Stadtkreis Krasnosnamensk. Sowohl vom ehemaligen Klein Rudminnen/ Kleinruden, als auch vom ehemaligen Dickschen/ Lindbach ist kaum noch etwas vorhanden (ein bzw. zwei Anwesen, Stand 2021). Einige Anwesen gibt es im Bereich des vor 1945 Abbau II genannten Bereichs, der damals zu Groß Rudminnen/Wietzheim – heute ein Teil von Bobrowo – gehörte. Dort befindet sich auch ein Betrieb (Balttorf), der Torf aus dem Boloto Welikoje (deutsch: Kacksche Balis, amtlich: Torfmoor Königshuld) abbaut. (Wikipedia)
Karte Kreis Pillkallen
Karte Gemeinde Dickschen
Jeden Tag kamen andere Soldaten. Hilde versteckte sich, stellte sich krank, zog Lumpen an, beschmierte das Gesicht mit Schmutz, spielte die Verrückte. Es half nichts. Nach einer Woche stellte ein russischer Leutnant sie vor die Wahl: Bei ihm bleiben oder nach Sibirien. Hilde wählte das kleinere Übel. Sibirien, dreieinhalb Jahre. Sie fällte Bäume, entlud Kohlewaggons und kämpfte gegen Hunger, Kälte, Wanzen und Läuse. „Sie war mit ihrem Leben immer zufrieden“, sagt ihr Mann Heinz, den sie nach der Rückkehr aus Sibirien kennengelernt hatte. Trotz der bösen Träume, die sie plagten. Heinz konnte sie alles erzählen, auch von den Vergewaltigungen und den vielen Toten.