Hinweise auf Menschen
Joseph W. Huber
„Machen!“
Der Gegenwart. — 5. August 2022
Für Joseph W. Huber ging es vor allem darum, Postkarten zu produzieren. Kunstwerke sollten so gestaltet sein, dass sie jeder haben, mitnehmen und verbreiten konnte. Nicht das Unikat war sein Metier, sondern die vervielfältigte Graphik oder das in Auflage gedruckte Plakat. Seit 1979 prangerte er mit seinen Beiträgen gesellschaftliche Probleme an und deckte menschliches Fehlverhalten auf. Er nannte seine Wort-Bild-Montagen folgerichtig „DENK-ZETTEL“, die auch heute noch von erschreckender Aktualität sind.
Joseph W. Huber lebte seit 1959 in Berlin, seit 1977 zusammen mit Karla Sachse. Huber absolvierte eine Ausbildung zum Offsetdrucker, war später in verschiedenen Berufen tätig. Von 1971 bis 1980 war Huber im Zeichenzirkel von Robert Rehfeldt aktiv, bereits 1976 nahm er erste Mail-Art-Kontakte auf und begann eine intensive Ausstellungstätigkeit. Seit 1979 gab er kritische und satirische Motive als Postkarten und Plakate heraus und gründete nach der Wende die edition Karte'll. Sein gesamtes Mail-Art-Archiv verkaufte er später an das Staatliche Museum Schwerin. Huber wurde 1981 Mitglied im Verband Bildender Künstler der DDR. Am 5. August 2002 beging er Suizid.
Nicht bloß lange palavern
Ich habe nach meiner Armeezeit seinem eigenen Zeichenzirkel in einem kleinen Kulturhaus in Berlin-Friedrichshain angehört. Zeichnen habe ich dort nicht gelernt. Es hat mir einfach keinen Spaß gemacht und ich fand meinen „Strich“ nie so gut, dass ich das hätte ausbauen wollen – ich hab mich eben nie zeichnerisch ausdrücken wollen, sondern immer lieber mit Worten.
Ästhetische und künstlerische Aktivität
Ich habe von Joseph W. Huber aber Wichtigeres gelernt. Er war uns für die intellektuelle Orientierung sehr wichtig. Er hat auf das Beispiel und Vorbild von Joseph Beuys hingewiesen und stets jegliche ästhetische und künstlerische Aktivität der Zirkelteilnehmer angefeuert mit dem Aufruf: „Machen!“ – man sollte also nicht bloß lange palavern, sondern etwas tun und aus dem wirklich Getanen weitere Schlüsse ziehen und sich verbessern.
Der motivierende Gedanke
Viele der damals von ihm Geförderten sind auch heute mit kulturellen, künstlerischen oder handwerklichen Dingen befaßt, sei es als Möbeltischler, als Fotograf oder als Filmemacherin. Vor ein paar Tagen begingen wir schon Josephs 20. Todestag, aber er wird immer in Erinnerung bleiben. Der motivierende Gedanke des „Machens“ läßt sich unmittelbar auf andere Bereiche übertragen, – und auch deshalb gibt es diese Webseite.
Joseph fehlt mir. Er fehlt uns allen. Denn gerade heute in unserer reichen, aber wieder mit Ängsten besetzten und von Spaltung bedrohten Gesellschaft angesichts der klimatischen Veränderungen und der vielen Kriegsherde in der Welt wären seine kleinen großen Hinweise und das Um-die-Ecke-Denken so ermutigend … Dass ein scheinbar ganz festgefügtes System aufgebrochen werden kann, haben wir ja erfahren …
Dr. Karla Sachse in: Aufbruch 1989 – 2019 Erinnern
Lebensdaten
Joseph W. Huber (* 26. Juni 1951 in Halle (Saale); † 5. August 2002) war ein deutscher Künstler. (Wikipedia)
Links
Mail Art von Joseph W. Huber im Lomholt Mail Art Archive (lomholtmailartarchive.dk)
Joseph W. Huber – Hydranten (wohlrab-verlag.de)
„DENK-ZETTEL“ – Arbeiten von Joseph W. Huber (1951–2002) (cartoon-journal.de)