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Rufschädigende Bewertungen
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Chefredakteur Dieter Stein protestiert gegen den Versuch des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz, die JUNGE FREIHEIT zu diffamieren.
Der Gegenwart. — 11. September 2024 — Update 12. September 2024
»JF-Chefredakteur Dieter Stein protestiert beim Präsidenten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz, Burkhard Körner, gegen den Versuch der Behörde, die Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT zu diffamieren. Der Verfassungsschutz behauptet in einer „Analyse“ russischer Desinformationskampagnen, Inhalte der JF würden „grundsätzlich ins russische Narrativ“ passen. Stein fordert den bayerischen Verfassungsschutz auf, die entsprechenden Passagen und Abbildungen über die JUNGE FREIHEIT unverzüglich zu löschen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.
Das Amt will eine „groß angelegte Kampagne“ im Internet bzw. in sozialen Netzwerken aufgedeckt haben, die das Ziel verfolgt, „durch die Verbreitung bewusster Falschinformation und pro-russischer Narrative in westlichen Gesellschaften Zweifel an liberalen demokratischen Werten zu säen.“ Stein betont: „Die JUNGE FREIHEIT sät keine Zweifel an demokratischen Werten. Das genaue Gegenteil ist der Fall.“
Die JUNGE FREIHEIT ist eine deutschlandweite Wochenzeitung für Debatte. „Zum Krieg Rußlands gegen die Ukraine finden sich in der JF zahlreiche Beiträge aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Gleiches gilt für viele andere Themen. Keine Debatte, keine demokratische Öffentlichkeit, ohne unterschiedliche Positionen, die öffentlich gemacht und diskutiert werden. Das ist Meinungsfreiheit. Das ist Pressefreiheit. Und genau das finden Leser in der JF und auf jungefreiheit.de“, erklärt der Chefredakteur.
Allein durch die Erwähnung der JUNGEN FREIHEIT in der sogenannten „Analyse“ des Amts, durch die Behauptungen, Unterstellungen und die bildliche Darstellung diffamiert der Verfassungsschutz die unabhängige Zeitung. Chefredakteur Stein erläutert: „Es gehört nicht zum Aufgabenfeld des Landesamtes für Verfassungsschutz, derartige rufschädigenden Bewertungen über unabhängige Medien abzugeben, die weder die Frage des Extremismus noch ausländischer Spionage betreffen. Die Verdachtsäußerungen stellen einen Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Presse- und Meinungsfreiheit dar.“«
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Verfassungsschutz nimmt Vorwürfe gegen JF zurück
Nach heftigen Protesten gegen die Behauptung, die JUNGE FREIHEIT und andere Medien würden „russische Narrative“ verbreiten, rudert der Verfassungsschutz zurück und kassiert seine eigenen Vorwürfe ein.
MÜNCHEN/BERLIN. Das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat inhaltlich fragwürdige Passagen einer Broschüre über russische Propaganda eines „Akteurs“ zurückgenommen und umgeschrieben. Vorher hatte der Inlandsgeheimdienst den Eindruck erweckt, unter anderem die JUNGE FREIHEIT, die Berliner Zeitung und der Freitag würden russische Narrative verwenden.
JF-Chefredakteur Dieter Stein verlangte daraufhin, daß der Verfassungsschutz den Vorwurf zurücknimmt und eine Unterlassungserklärung abgibt. Noch vor Ablauf der Frist änderte die Behörde die entscheidende Passage. Hieß es vorher noch, die aufgelisteten Medien würden „russische Narrative“ verbreiten, lautet die entsprechende Kategorie nun: „Webseiten, deren Inhalte der Akteur in Teilen weiterverbreitet hat“.
Verfassungsschutz: „Gezielt aus dem Kontext gerissen“
Im Text schreibt der Geheimdienst nun, „daß die betreffenden Inhalte aus Sicht des Akteurs das russische Narrativ unterstützen“. Und weiter: „Hierzu wurden manche der Artikel gezielt aus ihrem Kontext gerissen.“
Der Verfassungsschutz stellt dann richtig: „Das BayLfV unterstellt explizit nicht, daß die Verantwortlichen der hier aufgelisteten Webseiten russische Propaganda verbreiten oder in Kenntnis darüber sind bzw. es gutheißen, daß ihre Inhalte im Rahmen der ‚Doppelgänger‘-Kampagne weiterverbreitet werden. Ferner nimmt das BayLfV keinerlei Wertung der Inhalte der betreffenden Webseiten vor.“
JF-Text hatte nichts mit Rußland zu tun
Anstelle der Domain „jungefreiheit.de“ stellt die Behörde jetzt auch genau den Link zu dem JF-Artikel dar, den der offenbar russische „Akteur“ für seine Kampagne mißbrauchte. Im Falle der JF war das ein Interview mit der hessischen AfD-Politikerin Anna Nguyen. Allerdings hatte dieser Beitrag nicht das Geringste mit dem Ukraine-Krieg, Putin oder Rußland zu tun.
Vielmehr ging es darum, daß die übrigen Parteien der Kandidatin der zweistärksten Partei im Landtag den sonst üblichen Sitz im Präsidium verweigerten. Nur zum Ende des eine ganze Zeitungsseite umfassenden Interviews nahm die vietnamesisch-stämmige Gesprächspartnerin das Wort „Russen“ in den Mund – und zwar als sie berichtete, daß ihr linke politische Gegner übelst sexistisch unterstellten, sie würde gern von Russen vergewaltigt werden. (fh)
Kubicki: VS-Einschätzungen nicht per se sakrosankt
Kritik an der Behörde kam am Donnerstag erneut auch aus der Politik. Gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung erklärte der Bundestagsvizepräsident und FDP-Politiker Wolfgang Kubicki es sei gut und richtig, daß der bayrische Verfassungsschutz seine Einschätzung korrigiert habe. Weiter erklärte Kubicki gegenüber der NZZ: „Diese Korrektur sollte aber auch all jenen zu denken geben, die meinen, die Einschätzungen des Verfassungsschutzes seien per se sakrosankt. Wir müssen weiterhin gut aufpassen, daß Behörden aus politischen Erwägungen das Recht auf freie Meinungsäusserung nicht einschränken – nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland.“
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Steinhöfel: Staatsorgan versucht, Medien herabzusetzen
Der Medienrechtler Joachim Steinhöfel kritisierte auf X, die Fehlleistung des bayerischen Verfassungsschutzes sei „sicherlich eines der eklatantesten Beispiele, wie Staatsorgane versuchen, Medien herabzusetzen.“
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Weidel: Verfassungsschutz gehört abgeschafft
AfD-Bundessprecherin Alice Weidel nahm die Affäre auf X zum Anlaß, um den Verfassungsschutz grundsätzlich in Frage zu stellen. Das bayerische Landesamt müsse zurückrudern, nachdem es „mehreren Medien – darunter JUNGE FREIHEIT und Berliner Zeitung – eine nicht vorhandene Russlandnähe unterstellt hatte“, so Weidel. Und schließt: „Ein Verfassungsschutz, der nicht die Verfassung schützt, sondern im Auftrag der Regierung unliebsame Meinungen bekämpft, gehört umgehend abgeschafft.“
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Zweifelhafte Ehre
Den NachDenkSeiten wurde die zweifelhafte Ehre zuteil, in einem Bericht des bayerischen Verfassungsschutzes namentlich genannt zu werden. Laut den Verfassungsschützern wurden einzelne Inhalte der NachDenkSeiten über ein angeblich russisches Kampagnennetzwerk auf Facebook und X verteilt. Das ist zunächst einmal unspektakulär, ist die Liste der derart unfreiwillig verbreiteten Medien doch lang und reicht vom NDR über Bloomberg und Reuters bis hin zu Springers WELT. Die Autoren des Berichts unterteilen die benutzten Quellen jedoch in drei Gruppen: Fake-Seiten, echte Seiten und echte Seiten, „die Nachrichten passend zum russischen Narrativ verbreiten“ – in die letzte Kategorie wurden neben den NachDenkSeiten auch der Freitag und die Berliner Zeitung einsortiert. Das ist, um es freundlich zu sagen, befremdlich. Wird nun jede unliebsame Kritik an der Bundesregierung als „russisches Narrativ“ gewertet?
Verdeckte Operationen
Als Schlapphüte werden salopp die Mitarbeiter eines Geheimdienstes bezeichnet, vor allem bei Ausübung ihrer Tätigkeit – den verdeckten Operationen im In- und Ausland. Der Hintergrund ist der im 19./20. Jh. reale Einsatz von breitkrempigen Hüten bei Geheimdiensten, die tief in das Gesicht gezogen wurden, um es möglichst nicht erkennbar zu machen. Cartoonisten wie Harm Bengen bedienen sich in ihren Werken dieses Bildes, meist ergänzt um Sonnenbrille und Lodenmantel. (Wikipedia)