In eigener Sache
Knipsattacke
Seit 2005 ist immer eine Kamera in der Hosentasche. Nee – kein Smartphone. Ich knipse fast immer und fast überall. Für diese Webseite kann ich ab und zu in meinen Fundus greifen. Unter einem hübschen Namen.
Der Gegenwart. — 28. September 2022
Die Fotografie ist der Todfeind der Malerei, sie ist die Zuflucht aller gescheiterten Maler, der Unbegabten und der Faulen.
Charles Baudelaire
Was bedeutet knipsen? Wiktionary führt drei Interpretationen auf:
[1] bei einer bestimmten Tätigkeit (mit den Fingern) einen kurzen Laut erzeugen;
[2] dilettantisch fotografieren, Bilder machen;
[3] eine Fahrkarte mit einer Lochzange entwerten.
Aha. Das mit der Lochzange hab ich noch erlebt. Das kann sich die nächste Generation schon nicht mehr vorstellen. Fingerschnipsen hab ich in der Schule oft gemacht. Man wollte ja eine Eins in Mitarbeit.
Bildermachen als Jugendlicher
Nun also zum Bildermachen. Als Jugendlicher hatte ich mit dem Fotografieren angefangen. Die erste Kamera war eine Pouva Start mit 6 x 6 Rollfilm, bald danach hatte ich eine Exa Ia von Pentacon (meine erste Verbindung nach Dresden).
Nach einigen Jahren hörte ich aber konsequent und schlagartig wieder auf mit dem Fotografieren. Ich hatte nämlich gemerkt, dass sich da ein Stapel von Negativ-Taschen anhäufte. Und dieser Stapel brauchte Platz in immer mehr Kartons und er verstaubte. Also, Schluß damit.
Nach Jahrzehnten fing ich wieder an
Erst nach Jahrzehnten fing ich wieder an, von einem auf den anderen Tag. Zum 50. Geburtstag hatte ich eine kleine Canon Ixus 50 geschenkt bekommen, zehn Jahre später – so lange hat die erste ohne Macken durchgehalten – eine modernere Canon G9X.
Während der ersten Jahre hab ich zwar zwar oft auf den Auslöser gedrückt, aber datensparsam fotografiert, die Bilder waren nur 640 Pixel breit, um die Speicherkarten nicht zu schnell zu füllen. Aus heutiger Sicht ist das schade, denn diese Bilder sind wirklich ziemlich klein.
Verblüffendes Durchhaltevermögen des Akkus
Vor ein paar Jahren hab ich für eine Urlaubsreise die Einstellung hochgestellt und bin dann dabei geblieben, denn die heutigen 32 Gigabyte-SD-Karten kriege ich ewig nicht voll.
Weswegen ich aber verblüfft bin, ist das Durchhaltevermögen des Akkus. Vermutlich wird beim Raus- und Reinfahren des Objektivs der meiste Strom verbraucht, deshalb überlege ich auch beim intuitiven Knipsen vor jedem Bild ganz kurz, ob sich der elektrische Aufwand lohnt. Aber selbst, wenn man drei Wochen jeden Tag ein paar Bilder schießt, muckt der Akku noch nicht auf. Wirklich erstaunlich!
Später werden solche Motive interessant
Was fotografiere ich? Die Hälfte der Bilder sind die Teller, die lecker gefüllt auf dem Tisch stehen, und die Lieben, die mit um den Tisch drumrum sitzen. Soweit so erwartbar und so langweilig – nach zwei, drei Tagen. Aber später, nach zwei, drei Jahren werden auch solche Motive interessant.
In meinem Kopf ist dann immer der Titel eines mehrbändigen Werkes des marxistischen Wirtschaftshistorikers Jürgen Kuczynski (1904–1997): „Geschichte des Alltags des deutschen Volkes“. Dazu tragen meine Bilder einmal bei, wenn sie in einer Zeitkapsel überdauern und in 300 Jahren entdeckt werden. Dann werden die Speicherkarten vorsichtig mit weißen Handschuhen angefaßt.
Damit das Kind einen hübschen Namen hat
Die Agentur Knipsattacke hab ich also schon mal gegründet, um dem Kind (wieder mal) einen Namen zu geben. Google findet für Knipsattacke nur 44 Belegstellen, das ist so gut wie nichts, während Fotografieren „ungefähr 20.100.000“-mal im Internet vorkommt.
Diese Agentur Knipsattacke stellt dem Gegenwart die Bilder unentgeltlich zur Verfügung. Das ist schon schön, wenn man einen so großzügigen Dienstleister im Haus hat. ■
Jeder kann knipsen. Auch ein Automat. Aber nicht jeder kann beobachten. Photographieren ist nur insofern Kunst, als sich seiner die Kunst des Beobachtens bedient. Beobachten ist ein elementar dichterischer Vorgang. Auch die Wirklichkeit muss geformt werden, will man sie zum Sprechen bringen.
Friedrich Dürrenmatt
Mach sichtbar, was vielleicht ohne dich nie wahrgenommen worden wäre.
Robert Bresson
Das Equipment, welches wir gebrauchen, spielt nur eine kleine Rolle. Viel mehr kommt es darauf an, es zu beherrschen.
Sam Abell
Die Tatsache, dass eine (im konventionellen Sinn) technisch fehlerhafte Fotografie gefühlsmäßig wirksamer sein kann als ein technisch fehlerloses Bild, wird auf jene schockierend wirken, die naiv genug sind, zu glauben, dass technische Perfektion den wahren Wert eines Fotos ausmacht.
Andreas Feininger
Digitalfotografie ermöglicht uns nicht nur, Erinnerungen festzuhalten, sondern auch, welche zu kreieren.
James Wayner
Zum Fotografieren braucht man Zeit. Wer keine Zeit hat, kann ja knipsen.
Autor unbekannt
Nach meiner Ansicht kann man nicht behaupten, etwas gesehen zu haben, bevor man es fotografiert hat.
Emile Zola
Canon Ixus 50 (2005 bis 2015)
Canon G9X (seit 2015)
Es wird Zeiten geben, in welchen Du ohne Kamera auf dem Feld bist. Dann wirst du den herrlichsten Sonnenuntergang oder die schönste Szene erleben, die Du je gesehen hast. Sei nicht bitter, weil Du es nicht aufnehmen kannst. Setze Dich, versinke hinein und genieße es!
DeGriff