Argumente zum Rapport
Lesebefehle
Hinweise auf gute Bücher und bemerkenswerte Texte in kurzen Ausschnitten und exemplarischen Zitaten.
Der Gegenwart. — 6. Februar 2023 — Wird gelegentlich ergänzt.
Frank Hennig über den gründeutschen Windwahn
Der vorgesehene Ausbau der Windkraft in Deutschland nimmt wahnhafte Züge an. Die Abwägungen zum Menschen-, Natur- und Landschaftsschutz, zu Denkmalschutz und Systemverträglichkeit – gesellschaftlich wie elektrotechnisch – werden minimiert. Ziel ist der maximierte Ausbau. Häuptling Habeck setzt mit Hilfe seines Staatssekretärs Graichen im Klimaministerium das um, was dessen Herkunfts-Think-Tank Agora-Energiewende als so genannten Hauptsatz prägte: „Wind und Sonne haben Vorfahrt“. Das entspricht zwar nicht dem Energiewirtschaftsgesetz und dem energiewirtschaftlichen Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Kostenverträglichkeit und Umweltschutz, aber es erfüllt zielgenau die Forderungen der Ökoindustrie. [...] Die nächsten Jahre werden der Windbranche, vor allem aber Rotgrün, alle Illusionen rauben. Die Illusionen von heute sind die Enttäuschungen von morgen, wonach wieder niemand die Verantwortung übernehmen wird, dafür aber alle die Schuld bei anderen suchen werden. Zunehmender Energiemangel, Inflation und knappe Rohstoffe werden der verwöhnten Branche die Lust verleiden.
Martin Lohmann über den Fluch der Angela Merkel
Inzwischen folgt ein Offenbarungseid der „gemerzten“ Union dem nächsten. Und das ist sogar irgendwie folgerichtig und logisch. Wenn man sich dem politischen Gegner inhaltlich und psychisch ergeben hat, bleibt wohl nur der Kampf gegen die eigenen Leute. Die Hysterie schlägt längst peinliche Purzelbäume, wenn man die Unvereinbarkeit mit denen propagiert, die mit berechtigter Kritik und ehrlichem Engagement für eine menschengerechte Politik aus christlicher Verantwortung werben. […] Offenbar merken die irregeleiteten Parteifunktionäre, die sich von den Grünen abhängig gemacht haben, noch nicht einmal, daß sie mit ihrer andauernden Kritik an der „Werte-Union“ nichts anderes zeigen, als daß sich ihre eigene Partei nach wie vor in der Gefangenschaft eines „merkelschen Fluches“ befindet. Faktenfrei werden Vorwürfe und Ausgrenzungen martialisch in den Raum gepustet, um nur ja ein Nachdenken oder gar eine notwendige Korrektur auf dem Weg in den eigenen Untergang zuzulassen.
Alexander Wendt über die Umformung der Geschichte
Die Tatsache, dass die europäischen Juden zu den Weißen zählten und zählen, widerspricht dem Dogma, Weiße könnten nie Opfer von Rassismus, sondern nur Täter sein. Außerdem gehören die Juden zum Westen, also zu der Entität, die Fanon für so rassistisch durchtränkt hält, dass sie am besten verschwinden sollt. Nach der „Critical Race Theory“ (zu deutsch: Kritische Rassentheorie) bilden Weiße nicht nur schlechthin das Kollektiv der Schuldigen. Der Begriff des Rassismus erfasst auch mehr oder weniger jeden Umgang von Weißen mit Nichtweißen, jede Benennung von Unterschieden, sogar die Unterschiede selbst, während er gleichzeitig Rassismus als exklusiv westlich-weißes Phänomen definiert. Die Weltbeschreibung, die dieser Lehre entspringt, erzählt die Entwicklung des Westens folglich als Kriminalgeschichte. Ihre zentralen Begriffe lauten Rassismus, Sklaverei und Kolonialismus. Dieser neu geschaffenen Erzählung steht die Shoa gleich aus einem doppelten Grund im Weg, denn die europäischen Juden lassen sich nun einmal weder entweißen noch entwestlichen. Wer die Identitätspolitik mit ihrem parareligiösen Gut-Böse-Schema durchsetzen will, muss zwangsläufig die Erinnerung an die Shoa beiseiteräumen. Oder sie zumindest – der Monstrosität ihres Gegenstandes wegen – zerkleinern und verformen. […] Zum systematischen Herausschreiben der Shoa aus der Erinnerungspolitik kommt übrigens noch eine zweite Umformung der Geschichte: Für das Dogma des ausschließlich weiß-europäischen Täterkollektivs als Träger alles Bösen muss selbstverständlich auch die Geschichte der muslimischen Sklavenhändler und -halter verschwinden, genauso wie die der innerafrikanischen Sklaverei.
Alexander Wendt: „Das große Umschreiben: Wie der Holocaust aus der Geschichte verschwinden soll“,
Publico vom 2. Februar 2023
Die Autoren
Frank Hennig, Diplom-Ingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung, Spezialist für Stromproduktion und Energiewende. Ehemaliger Betriebsrat, Autor der Bücher „Dunkelflaute“ und „Klimadämmerung“ in der Edition Tichys Einblick. Frank Hennig ist geborener Görlitzer und lebt heute in der Niederlausitz.
Martin Lohmann (* 14. März 1957 in Bonn) ist ein deutscher römisch-katholischer Publizist und Journalist. Von 1983 bis 1987 war Martin Lohmann stellvertretender Bundesgeschäftsführer des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU). 1987 trat er in die Redaktion des Rheinischen Merkurs ein und wurde später Ressortleiter von Christ und Welt. Von 1994 bis 1997 war er dort stellvertretender Chefredakteur. Von 1998 bis 2004 war er Chefredakteur der Rhein-Zeitung, von 1996 bis 2002 Moderator der Münchner Runde, einer politischen Live-Talkshow des Bayerischen Rundfunks. Seit 2005 arbeitet er als freier Journalist. Seit 2007 ist er Kolumnist bei Bild. Von 1972 bis 2013 war Lohmann CDU-Mitglied. Als Grund für den Austritt gab er an, dass „so gut wie alle wesentlichen Kernpunkte, die das ‚C‘ mit seiner einzigartigen Herausforderung ausmach[t]en“, in den vergangenen Jahren „von der Parteiführung der CDU vernachlässigt oder faktisch ausgehöhlt worden“ seien. Die Machtpolitik der CDU ginge auf Kosten der Inhalte. Er ist Beisitzer im Vorstand der Werteunion.
Alexander Wendt (*1966) beschäftigt sich als Focus-Redakteur seit 1995 mit Politik-, Wirtschafts- und Wissenschaftsthemen. Von 1989 bis 1995 arbeitete er als Redakteur und freier Journalist für die Wirtschaftswoche, den Stern, Tagesspiegel und anderen Medien. 2013 schrieb er zusammen mit Gideon Böss und Silvia Meixner das Buch „Auf ein Gläschen mit Helmut Schmidt“ (Knaus Verlag), das die dunklen Seiten des deutschen Überkanzlers beleuchtet. Im Focus gehören Energiewirtschaft und Strommarkt seit mehreren Jahren zu seinen Themen. Im Jahr 2012 schrieb er die Focus-Titelgeschichte „Die große Illusion“ über die Fehler und Paradoxien der Energiewende. Alexander Wendt lebt und arbeitet in München. (Foto: Tichys Einblick)
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