Hinweise auf Menschen
Lili Elbe
Einar Wegener wollte seine weibliche Identität leben, unterzog sich einer Genitalangleichung und starb nach vier Operationen.
Der Gegenwart. — 22. März 2023
Ich wollte, dass, wenn ich selber nicht mehr bin, mein tristes Liebesbuch meine Hinterlassenschaft sein würde, als ein Zeugnis, dass ich einmal gelebt! Ich bilde mir ein, dass dieses Buch gelesen werden würde – gelesen, wie wenige Bücher –, von allen, die unglücklich lieben, denen es in die Hände fallen würde durch Jahre und aber Jahre –, und mir ist, als könnte ich allen von ihnen die Hand drücken. Und danach habe ich ein so unsagbares Verlangen, ja, das ist eigentlich das einzige Verlangen, das ich habe, wenn ich jetzt allem Lebewohl sagen muß – oh, Sie ahnen nicht, was für eine letzte Genugtuung dies für mich sein würde.
Über die familiären Umstände von Lili Elbe ist nur wenig bekannt. Sie wurde als jüngstes von vier Kindern, drei Söhnen und einer Tochter, eines Kaufmannes in Vejle, Dänemark geboren. Väterlicherseits stammt die Familie von Mallorca und erst die Großeltern zogen nach Jütland. In jungen Jahren wurde Lili oft aufgrund ihrer langen blonden Locken und sehr hellen Haut für ein Mädchen gehalten. Im Alter von 5 Jahren verlieh ihr der Kindergarten für gute Leistungen im Sticken und Stricken eine Auszeichnung im Handarbeiten. Von ihren Brüdern ist sie oftmals wegen ihrer Mädchenstimme gehänselt worden. Die Schulzeit verbrachte Lili sehr unauffällig. Sie besuchte oft die Bibliothek und war als „richtiger Junge“ an Prügeleien beteiligt. Im Schwimmunterricht empfand Sie jedoch immer ein Unbehagen aufgrund ihrer Knabenfigur. Die Jungen waren im Vergleich meist körperlich weiter entwickelt als sie, wie sie berichtete.
Niki Trauthwein (Bundesstiftung Magnus Hirschfeld): Biografie Lili Elbe
Einar Wegener studierte an der Königlich Dänischen Kunstakademie, lernte dort die Kommilitonin Gerda Gottlieb kennen und heiratete sie 1904. Er spezialisierte sich auf Landschafts- und Architekturmalerei, während Gottlieb sich für Illustration und Modegrafik entschied. Um ihren Wirkungskreis zu erweitern, zogen sie 1912 nach Paris, wo zudem Gerda ihre lesbische Orientierung und er seine weibliche Identität als Lili freier ausleben konnten.
Etwa 1913 wurde bekannt, dass das Modell für Gerdas modische Figurinen ein phänotypischer Mann war, der sich Lili Elbe nannte. Nur die engsten Freunde wussten, dass Lili Elbe identisch mit Einar Wegener war; Fremden stellte Gerda Wegener Lili als Schwester ihres Mannes vor. 1930 beschloss Lili Elbe, die körperliche Anpassung an das gefühlte Geschlecht endgültig zu vollziehen.
Operationen
Im Februar 1930 begab sie sich auf Rat von Kurt Warnekros nach Berlin. Das Institut für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld in Berlin führte die geschlechtsangleichenden Operationen durch. Die erste Operation fand in einer Praxis in Berlin statt. Danach begab sich Elbe in die Dresdener Frauenklinik. Am 26. Mai 1930 führte Kurt Warnekros eine zweite Operation durch.
Als Folge der geschlechtsangleichenden Operationen wurde die Ehe vom dänischen König annulliert. Elbe erhielt Papiere auf ihren neuen Namen.
Einige Monate nach einer vierten Operation 1931, bei der es sich vermutlich um eine Uterustransplantation handelte, kam es, wahrscheinlich auf Grund von Transplantatabstoßung, zu Komplikationen, an denen Lili Elbe verstarb. Sie wurde auf dem Trinitatisfriedhof in Dresden-Johannstadt beigesetzt.
Erinnerung
Das in den 1960er-Jahren eingeebnete Grab Lili Elbes wurde 2016 wiederhergestellt. Der neue Grabstein wurde von Focus Features, der Produktionsfirma des Films The Danish Girl, finanziert. In Dresden, ganz in der Nähe ihrer Ruhestätte und unweit der damaligen Frauenklinik, wurde eine Straße nach Lili Elbe benannt.
Lebensbericht
Lili Elbes Lebensbericht Fra mand til kvinde (Vom Mann zur Frau) erschien 1931 zuerst in dänischer Sprache, die deutsche Übersetzung wurde 1932 in Dresden veröffentlicht und dann 1933 in London eine englische Übersetzung der deutschen Fassung. 1953 wurde eine zweite ungekürzte Ausgabe davon in New York veröffentlicht, zuletzt wurde die Ausgabe 2004 aufgelegt. In deutscher Sprache erschien das Buch von Niels Hoyer 1954 in der BRD, im Tauchnitz-Verlag unter dem Titel Wandlung – eine Lebensbeichte.
2020 erschien unter dem Titel Man Into Woman: A Comparative Scholarly Edition eine von Pamela L. Caughie und Sabine Meyer herausgegebene wissenschaftliche Neuausgabe mit einem Variantenapparat der vier bis dahin in drei Sprachen veröffentlichten Ausgaben, sowie einer Einleitung und ergänzenden wissenschaftlichen Aufsätzen bei Bloomsbury. Parallel zu dieser Ausgabe erfolgte die Einrichtung des Lili Elbe Digital Archive, einer der Biografie Lili Elbes gewidmeten Webseite mit Materialien und Digitalisaten der verschiedenen Ausgaben der Autobiografie.
Rezeption
Für Jan Morris war das Buch, welches sie in einer Buchhandlung in Ludlow entdeckte, „die erste Bestätigung dafür, dass es auf der Welt noch andere Menschen gab, die sich in genau derselben Lage befanden wie ich“.
David Ebershoff schrieb 2000 einen Roman über Lili Elbe und Gerda Wegener (im Buch als amerikanische Malerin Greta Waud) mit dem Titel Das dänische Mädchen (Originaltitel The Danish Girl). Er wurde in ein Dutzend Sprachen übersetzt und war ein internationaler Bestseller. Die gleichnamige Verfilmung durch Tom Hooper wurde am 5. September 2015 auf den Internationalen Filmfestspielen von Venedig uraufgeführt.
Im November 2013 wurde in Berlin das Lili Elbe Archive als „unabhängiger Ort zur Überlieferung der eigenen Geschichte nicht-normativer Geschlechtlichkeiten“ gegründet; getragen von einem gleichnamigen Verein. 2022 wurde das Archiv wieder geschlossen.
Textgrundlage: https://de.wikipedia.org/wiki/Lili_Elbe
Ich kämpfe gegen die Voreingenommenheit des Spießbürgers, der in mir ein Phänomen, eine Abnormität sucht. Wie ich jetzt bin, so bin ich eine ganz gewöhnliche Frau.
Lebensdaten
Lili Elbe (* 28. Dezember 1882 in Vejle, Dänemark als Einar Mogens Andreas Wegener; † 12. September 1931 in Dresden, Deutschland) war eine dänische Malerin und Transgender-Pionierin. Sie gehörte zusammen mit Dorchen Richter zu den ersten Personen, die sich 1930/31 in Deutschland einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen. Es wird vermutet, dass Lili Elbe intergeschlechtlich war. Der Schriftsteller Niels Hoyer schrieb in der von ihm herausgegebenen Autobiografie Lili Elbes, dass sie sowohl mit männlichen als auch mit weiblichen Organen geboren worden sei. (Wikipedia)