Widerspruch+Widerstand
Warum der Vogel schweigt und wir dem Gärtner nicht trauen
Brandenburger Naturfreunde starten das Naturkunde-Projekt Sophienstädt. Doch die Landesregierung beschlagnahmt gekauften Flächen, überträgt sie einer westdeutschen Stiftung – für den Naturschutz. Andreas Gericke berichtet vom Frust, denn plötzlich sind die Grundstücke „baureifes Land“.
Der Gegenwart. — 6. September 2024
Ein außergewöhnliches erlebnisorientiertes Projekt, das Naturschutz und Naturheilkunde verbinden sollte – das war der Plan. Optimale Voraussetzungen dafür boten sich durch die günstige Gelegenheit eines Landkaufs nördlich von Berlin. Doch die Brandenburger Landesregierung durchkreuzte das Vorhaben. Ohne das interessante Projekt überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, machte sie von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch, beschlagnahmte die Flächen und übertrug sie einer Stiftung in Bielefeld. Gesetzlich möglich war das nur unter dem Vorwand der „Sicherstellung für den Naturschutz“. Inzwischen haben sich die Grundstücke in „baureifes Land“ verwandelt.
Naturschutz – genau das war auch das Ziel unseres Projektes, verbunden mit einer Reihe ungewöhnlicher Attraktionen und Aktivitäten. Voller Begeisterung schlossen sich Naturheilkundler, Gesundheitstrainer, Outdoor-Spezialisten, Waldpädagogen, Künstler, Schriftsteller und viele Interessierte dafür zusammen, auch ein Medienpartner war mit im Boot. Das alles interessierte die Brandenburger Landesregierung nicht im Geringsten. Wenigstens das Projekt zur Kenntnis zu nehmen und einen Projektvergleich durchzuführen, hätte man wohl erwarten dürfen. Doch unbesehen und unberührt von unseren Einwänden und Widersprüchen übertrug die Landesregierung die ursprünglich an uns verkauften Grundstücke an die Bielefelder Stiftung. Unter den Einheimischen weiß man über diese Organisation so gut wie nichts, außer dass ihr der Schauspieler Hannes Jaenicke zeitweise als Werbe-Ikone diente und sie nach eigenen Angaben über Millionen Sponsorengelder verfügen soll.
Unser Protest richtete sich an alle Parteien
und an Ministerpräsident Woidke persönlich.
Unser Protest richtete sich an alle Parteien im Brandenburger Parlament sowie an Ministerpräsident Woidke persönlich. Reagiert haben einzig die Freien Wähler und brachten eine Kleine Anfrage in den Landtag ein*. Beantwortet wurde diese vom Umweltminister Vogel mit allgemeinkonkreten Formulierungen über den Sinn und Zweck des Naturschutzes in jener Ortschaft – den wir ja gezielt betreiben wollten! Geändert hat die Parlamentsanfrage an der Entscheidung nichts. Die Begünstigten aus Bielefeld bekamen die Flächen, darunter ein attraktives Seeufer, vom Land Brandenburg für wenige hundert Euro zugewiesen, was dem seinerzeitigen Bodenrichtwert entsprach. Allerdings verhundert- bis vertausend-fachte sich dieser schon nach kurzer Zeit im Zuge der Grundsteuerreform. Die Flächen wurden plötzlich im Informationsportal Grundstücksdaten des Landes Brandenburg als „baureifes Land“ ausgewiesen.
Auch dagegen legten wir Widerspruch ein und forderten nun unsererseits die „Sicherstellung der Flächen für den Naturschutz“. Minister Vogel schwieg dazu, doch einer seiner Mitarbeiter, Herr Gärtner, ließ uns wissen: „Es muss sich um einen Fehler handeln, um dessen Richtigstellung wir uns bemühen werden.“ Nachdem dieses Bemühen auch nach mehr als einem Jahr nicht fruchtete, wiederholten wir unseren Protest. Erneut kam die Antwort, es läge wohl ein Fehler vor.
Die für den Naturschutz gesicherten Flächen
sind weiterhin als „baureifes Land“ deklariert.
Bis heute ist die Korrektur dieses Fehlers nicht erfolgt und die für den Naturschutz gesicherten Flächen sind weiterhin als „baureifes Land“ deklariert. Weshalb wir der Antwort von Herrn Gärtner inzwischen nicht mehr trauen, während Minister Vogel weiter schweigt.
P.S.: Wir haben versucht, zur Darstellung des Themas einen leicht ironischen Standpunkt einzunehmen. Allerdings sind wir in der Sache stark betroffen. Man hat uns Perspektiven unseres Lebens geraubt. Wir setzen uns deshalb für die Reduzierung der Einflussnahmemöglichkeiten von Staatspersonen gegenüber selbstverantwortlich handelnden Bürgern ein sowie generell für den Schutz vor staatlichen Behinderungen und Übergriffigkeiten bei der Umsetzung von Ideen und Initiativen.
*Kleine Anfrage Nr. 754 / 7. Wahlperiode – Weitere Quelle: „Streit unter Naturschützern“, Märkische Oderzeitung, Barnim Echo, Sonnabend/Sonntag, 7./8. November 2020, Seite 15 – Außerdem haben wir uns im Januar mit unserem staatlich verhinderten Projekt um den „Barnimer Umweltpreis 2023“ beworben, der von Bündnis 90/Die Grünen ausgelobt wurde, jedoch bis heute keine Rückmeldung von den Initiatoren dieses Preises oder der Jury erhalten.
Quelle: Presseinformation, Eberswalde, 5. September 2024. Mehr Informationen: Andreas Gericke, E-Mail: agericke@t-online.de
Andreas Gericke
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Andreas Gericke ist Medizinjournalist und lizenzierter Gesundheitstrainer. E-Mail: agericke@t-online.de