So steht es geschrieben
Oswald Spengler
Erlesenes aus den Werken des Abendland-Verstehers: Sein Denken war „im Niemandsland zwischen Geschichtsschreibung, Philosophie, Politik und Prophetie angesiedelt“.
Der Gegenwart. — 7. Oktober 2022
Es gibt keine allgemein menschliche Moral. Jede Kultur hat dafür ihren eigenen Maßstab, dessen Gültigkeit mit ihr beginnt und endet.
Oswald Spengler
29. Mai 1880. Oswald Spengler wird in Blankenburg am Harz geboren. Bereits als Fünfzehnjähriger füllt er ganze Hefte mit detaillierten Angaben zur Geschichte, Geografie und Verwaltung zweier fiktiver Reiche. 1899 Abitur, danach Studium der Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie in Halle, München und Berlin. 1904 Promotion an der Universität Halle und Prüfung für das Höhere Lehramt in den Fächern Zoologie, Botanik, Physik, Chemie und Mathematik. April 1917. Spengler beendet den ersten Band seines Hauptwerkes „Der Untergang des Abendlandes“. September 1918 erscheint das Buch, das mit seinem unheilverkündenden Titel so prophetisch zur düsteren Situation Deutschlands nach dem verlorenen 1. Weltkrieg passt, wird zum Bestseller und macht Spengler in literarischen, wissenschaftlichen sowie politischen Kreisen über Nacht berühmt. 1922 erscheint der zweite Band.
14. Juni 1933. Spengler erhält einen Ruf an die Universität Leipzig, lehnt aber ab, wie bereits 1919 die Berufung an die Universität Göttingen.
Am 25. Juli 1933 findet in Bayreuth zwischen Oswald Spengler und Adolf Hitler eine Unterredung statt, bei der die gegenseitige Abneigung deutlich wird. In der Nacht vom 7. auf den 8. Mai 1936 stirbt Spengler in seiner Münchner Wohnung an Herzversagen; sein unerwarteter Tod gibt Anlass für Gerüchte, er sei von NS-Männern ermordet worden.
Bei Wikipedia heißt es: „Sein Werk wird von der heutigen Geschichtswissenschaft nicht als grundlegend erachtet“.
Wer Spengler aufmerksam gelesen hat, wird diese Einschätzung nicht teilen können, aber leicht zu deuten wissen.
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Alle Weltverbesserer, Priester und Philosophen sind einig in der Meinung, daß das Leben eine Angelegenheit des schärfsten Nachdenkens sei, aber das Leben der Welt geht seine eigenen Wege und kümmert sich nicht um das, was von ihm gedacht wird. Nur der Handelnde, der Mensch des Schicksals, lebt letzten Endes in der wirklichen Welt.
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Die Stadt ist Geist. Die Großstadt ist der »freie« Geist. Er stürzt Throne und beschränkt alte Rechte im Namen der Vernunft und vor allem im Namen des »Volkes«, womit von nun an ausschließlich das Volk der Städte gemeint ist. Demokratie ist die politische Form, in welcher von dem Bauern die Weltanschauung des Stadtmenschen gefordert wird. Der Steinkoloß »Weltstadt« steht am Ende des Lebenslaufes einer jeden großen Kultur.
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Die Einebnung der Gehirne hat sich vollzogen: Man versammelt sich »in Masse«, man will »in Masse«, man denkt »in Masse«. Wer nicht mitdenkt, wer selbst denkt, wird als Gegner empfunden.
Verlagstext: https://www.merkwuerdige-buecher.de/verlag/lieferbare-titel-neu/138-erlesenes-5-spengler
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Philosophische Weltanschauung
Oswald Spengler wird laut Domenico Conte (Domenico Conte: Oswald Spengler. Eine Einführung. Leipzig 2004) in die philosophische Tradition der Lebensphilosophie eingeordnet. Conte nennt als weiteres prominentes Beispiel Heinrich Rickert.
Zeitgenossen, wie der evangelische Theologe Hans von Soden oder spätere Spengler-Forscher wie der Philosoph Gert Müller betonten in ihren Untersuchungen, dass Spengler kein Historiker gewesen ist.
Anders als Hegel, der die geschichtlichen Tatsachen als rational fassbare Wirkungen eines absoluten Geistes interpretierte, hielt Spengler diese Tatsachen für die schicksalhaften, rational nicht ergründbaren Wirkungen des Mysteriums Leben. Die schöpferische Potenz des Lebens nannte er organisch. Er hielt sie in Verbindung mit der Einbildungskraft für emotional und intuitiv fassbar. Erleben bezeichnete er als die Grundlage von Bewusstsein und Denken.
Der Germanist Horst Thomé vertrat die These, dass Spenglers Untergang des Abendlandes „einer relevanten Wissensformation der damaligen Zeit“, der „Weltanschauung auf wissenschaftlicher Grundlage“‘ zugeschrieben werden könnte. Dagegen äußert Herbert Schnädelbach: Wer Philosophie als Weltanschauung auffasse, verzichte auf die wissenschaftliche Philosophie.
Der belgische Althistoriker David Engels sieht Spenglers Denken „im Niemandsland zwischen Geschichtsschreibung, Philosophie, Politik und Prophetie angesiedelt“.
Textgrundlage: https://de.wikipedia.org/wiki/Oswald_Spengler
Oswald Spengler (1880–1936)
Bundesarchiv, Bild 183-R06610 / CC-BY-SA 3.0
Das Buch
Titel: „erlesenes: Spengler“
Herausgeber/Auslese: Alexander von Hohentramm
Gestaltung: Harald Larisch zu Grapenstieten
Verlag zum Halben Mond
Buch 5 der Edition erlesenes, 2021
Hardcover, 78 Seiten, Auflage: 482 Exemplare
ISBN 978-3-939725-09-1
Preis: 24,80 Euro
Bezug über merkwuerdige-buecher.de