Hinweise auf Menschen
Deine Seele trinkt
das ewige Licht
Richard Dehmel galt vor dem Ersten Weltkrieg als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker. Sein Venus-Gedicht musste geschwärzt werden.
Der Gegenwart. — 28. November 2024 — Nach einem Zufallsfund in der Bücherzelle.
Seine Kindheit verbrachte Richard Dehmel in der Stadt Kremmen, wo der Vater die Stelle des Stadtförsters innehatte. Richard Dehmel ging in Kremmen zur Schule und wohnte im alten Forsthaus an der Straße nach Sommerfeld. 1872 erhielt er die Gelegenheit, auf das Sophien-Gymnasium in Berlin zu wechseln. Aufgrund einer Auseinandersetzung mit dem dortigen Direktor musste Dehmel diese Schule wieder verlassen und wechselte an das städtische Gymnasium in Danzig. Nach dem Abitur in Danzig 1882 studierte er in Berlin Naturwissenschaften, Nationalökonomie und Philosophie. Er beendete sein Studium mit der Promotion in Leipzig 1887 zu einem Thema aus der Versicherungswirtschaft. Während des Studiums wurde er 1882 Mitglied der Burschenschaft „Hevellia Berlin“. Danach arbeitete er als Sekretär im Verband der Privaten Deutschen Versicherungsgesellschaften in Berlin und verkehrte im Umkreis des Berliner Naturalismus.
Im Jahr 1889 heiratete Dehmel die Märchendichterin Paula Oppenheimer, mit der er zusammen auch Kinderbücher verfasste. Kurz darauf erschienen seine ersten Gedichtbände Erlösungen (1891) und Aber die Liebe (1893). 1894 war er Mitautor bei der Zeitschrift PAN, was ihm sein Freund und Mitherausgeber des PAN Otto Julius Bierbaum ermöglichte.
Freier Schriftsteller und Blasphemie-Skandal
Im folgenden Jahr gab er seine Stellung beim Versicherungsverband auf und lebte fortan als freier Schriftsteller. Er lernte seine spätere zweite Frau Ida, geborene Coblenz, verheiratete Auerbach, kennen. 1896 veröffentlichte er in dem Gedichtband Weib und Welt das Gedicht Venus Consolatrix (lat. für Venus als Trösterin), in dem er einen mystischen Geschlechtsakt mit einer Frauenfigur schildert, in der Maria, die Mutter Jesu, Venus und Maria Magdalena verschmelzen. Daraufhin erstattete Börries von Münchhausen Anzeige wegen Blasphemie. Dehmel wurde 1897 dazu verurteilt, eine Passage des Gedichts zu streichen, es in der Restauflage zu schwärzen und aus späteren Auflagen seines Werks Weib und Welt zu entfernen. Der Skandal machte Dehmels Namen aber bekannter.
Nach der Trennung von seiner ersten Frau Paula 1899 unternahm Dehmel mit Ida Auerbach weite Reisen durch Europa. 1901 nahm er seinen Wohnsitz in Hamburg in der Nähe seines engen Freundes Detlev von Liliencron, und er heiratete Ida Auerbach. 1912 regte er die Kleist-Stiftung dazu an, den Kleistpreis nicht nach Mehrheitsbeschluss zu vergeben, sondern durch Entscheidung eines Vertrauensmannes, der für jedes Jahr neu bestimmt wurde. Im selben Jahr bezog er in Blankenese das nach seinen Vorgaben von Walther Baedeker gebaute Dehmel-Haus.
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 meldete sich Dehmel freiwillig zum Militäreinsatz (Infanterie-Regiment „Graf Bose“ (1. Thüringisches) Nr. 31) und diente bis 1916. Er gehörte zu den 93 Unterzeichnern des im Oktober 1914 veröffentlichten Manifests An die Kulturwelt (siehe Randspalte). Kurz vor Kriegsende 1918 forderte er die Deutschen in einem Aufruf noch zum Durchhalten auf. Richard Dehmel starb am 8. Februar 1920 an einer im Krieg zugezogenen Venenentzündung.
Werk, Bedeutung und Rezeption
Dehmel galt in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker. Seine oft sinnliche und erotische Lyrik zeigt „vitalistische[s] Ungestüm“ und thematisiert oft „Lust und Abschiedsschmerz“, hat dabei aber insgesamt verklärende Züge und weist „ornamentale[s] Sprachdekor“ auf.
Der Einfluss Richard Dehmels auf die jungen Dichter seiner Zeit, einschließlich der Expressionisten, war „enorm“. Inspiriert zeigte sich auch der junge Thomas Mann; die von ihm herausgegebene Schülerzeitung versprach „Gedichte im Stile Dehmels“.
Berühmte Komponisten wie Richard Strauss, Jean Sibelius, Hans Pfitzner, Max Reger, Arnold Schönberg, Heinrich Kaspar Schmid, Anton Webern, Karol Szymanowski, Heinrich Sthamer, Jan van Gilse und Kurt Weill vertonten seine Gedichte oder wurden durch diese zu Kompositionen angeregt, wie Schönberg zu dem berühmten Verklärte Nacht op. 4 für Streichsextett von 1899 nach dem gleichnamigen Gedicht aus Weib und Welt (später in Zwei Menschen. Roman in Romanzen aufgenommen). Dieses Gedicht behandelt Dehmels Hauptthema »Liebe und Sexualität« (Eros), das von ihm zu einer die bürgerlichen Konventionen sprengenden Kraft stilisiert wird.
Richard Strauss war auch Gast im Hause von Dehmel.
Auch einige der erhalten gebliebenen Liedkompositionen von Alma Mahler-Werfel vertonen Texte von Dehmel. Der Komponist Heinrich Kaspar Schmid (1874–1953) hat von seinen Gedichten Schutzengel für Singstimme und Klavier op. 20 vertont. Ferner in Liederspiel zur Laute oder auch Klavier op. 31 die Gedichte Erntelied, Die Getrennten, Wiegenlied für einen Jungen, sowie für Männerchor op. 49 das Gedicht Nicht doch (Walter Homolka, Heinrich Kaspar Schmid Archiv Landau/Isar). Der Komponist Alexander von Zemlinsky vertonte Dehmels Gedicht Die Magd unter dem Titel Maiblumen blühten überall für Sopran und Streichsextett.
Textgrundlage: https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Dehmel
Ein bißchen Güte
von Mensch zu Mensch
ist besser als alle Liebe
zur Menschheit.
Richard Dehmel (1863–1920)
in: Die Menschenfreunde (1917)
Lebensdaten
Richard Fedor Leopold Dehmel (* 18. November 1863 in Hermsdorf bei Wendisch Buchholz, Provinz Brandenburg (heute Ortsteil der Gemeinde Münchehofe); † 8. Februar 1920 in Blankenese) war ein deutscher Dichter und Schriftsteller. Richard Dehmel entstammte einer Handwerkerfamilie, die in der Gegend von Hirschberg (Schlesien) beheimatet war. Seine Eltern waren Fedor Dehmel (1835–1932) und dessen Ehefrau Louise geb. Fließschmidt (1829–1905). Sein Vater war Revier- und Stadtförster in Hirschberg und bei Kremmen (Mark). Richard Dehmel heiratete 1889 Paula Oppenheimer (1862–1918), eine Tochter des Rabbiners der jüdischen Reformgemeinde Berlin Julius Oppenheimer († 1909). Sie war die Schwester von Franz Oppenheimer (1864–1943) und Carl Oppenheimer (1871–1941). Richard und Paula Dehmel hatten einen Sohn und zwei Töchter sowie einen Adoptivsohn. Die Tochter Vera (1890–1979) heiratete 1918 den Maler und Schriftsteller Otto Tetjus Tügel. Nach seiner Scheidung heiratete Richard Dehmel 1901 in London Ida Coblenz (1870–1942), geschiedene Auerbach, eine Tochter des Kommerzienrates und Weingroßhändlers Coblenz († 1910) aus Bingen. Das Paar hatte keine Kinder. (Wikipedia)
Am Ufer
Von Richard Dehmel
Die Welt verstummt, dein Blut
erklingt;
in seinen hellen Abgrund sinkt
der ferne Tag,
er schaudert nicht; die Glut
umschlingt
das höchste Land, im Meere ringt
die ferne Nacht,
sie zaudert nicht; der Flut
entspringt
ein Sternchen, deine Seele trinkt
das ewige Licht.
Ausgewählte Gedichte
Richard Dehmel: Ausgewählte Gedichte aus den Jahren 1890–1900 nach dem Inhalt geordnet. Mit dem Bilde des Dichters von Peter Behrens. Verlag: Schuster & Loeffler, Berlin (o. J.)
Weitere Gedichte von Richard Dehmel auf zgedichte.de ⋙ Link
An die Kulturwelt! (1914)
An die Kulturwelt!, bekannt als Manifest der 93, war ein Manifest, das im September 1914 von Ludwig Fulda als Schriftführer verfasst, von 93 Wissenschaftlern, Künstlern und Schriftstellern Deutschlands unterzeichnet und im Oktober 1914 veröffentlicht wurde. Das Manifest richtet sich in erster Linie an die im Ersten Weltkrieg noch neutralen Staaten und bestreitet die Vorwürfe, welche die Kriegsgegner gegen Deutschland erhoben:
»Es ist nicht wahr, daß Deutschland diesen Krieg verschuldet hat. Weder das Volk hat ihn gewollt noch die Regierung noch der Kaiser. Von deutscher Seite ist das Äußerste geschehen, ihn abzuwenden. Dafür liegen der Welt die urkundlichen Beweise vor. Oft genug hat Wilhelm II. in den 26 Jahren seiner Regierung sich als Schirmherr des Weltfriedens erwiesen; oft genug haben selbst unsere Gegner dies anerkannt. Ja, dieser nämliche Kaiser, den sie jetzt einen Attila zu nennen wagen, ist jahrzehntelang wegen seiner unerschütterlichen Friedensliebe von ihnen verspottet worden. Erst als eine schon lange an den Grenzen lauernde Übermacht von drei Seiten über unser Volk herfiel, hat es sich erhoben wie ein Mann.« (Wikipedia)