Großtaten und Meisterstücke
Shinya Yamanaka
Perry Rhodan weckte sein Interesse für die Wissenschaft, heute forscht der Nobelpreisträger daran, Alterungsvorgänge umzukehren. Das hat jetzt Maxim Leo zu einem Roman inspiriert.
Der Gegenwart. — 8. März 2024
1987 schloss Shinya Yamanaka sein Medizinstudium an der Universität Kōbe ab, 1993 promovierte er an der Städtischen Universität Osaka. Danach absolvierte er seine Assistenzzeit in der orthopädischen Chirurgie am Staatlichen Krankenhaus Ōsaka und war als Postdoktorand am Gladstone Institute of Cardiovascular Disease in San Francisco. 2006 gelang es seiner Arbeitsgruppe und ihm am reproduktionsmedizinischen Institut der Universität Kyōto, induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen), pluripotente Stammzellen, aus Bindegewebszellen von Mäusen zu erzeugen.
2007 gelang ihm und seiner Arbeitsgruppe am neu gegründeten Institute for Integrated Cell-Material Sciences an der Universität Kyōto der gleiche Erfolg mit menschlichen Bindegewebszellen. Als Motiv für die Wahl seines Forschungsgebietes nennt er seine Unzufriedenheit damit, dass Embryonen zerstört werden mussten, um an Stammzellen zu kommen.
Der nach ihm benannte Yamanaka-Cocktail ist ein Zellkulturmedium, das eine Mischung aus vier speziellen Molekülen enthält. In diesem Medium ist die Reprogrammierung spezieller Organzellen in Zellkulturen möglich. Mit dem Yamanaka-Cocktail wurde bei Mäusen der epigenetische Code von Nieren- und Hautzellen so verändert, dass Alterungsvorgänge in den Zellen teilweise rückgängig gemacht werden konnten. An Herzzellen war der Effekt allerdings nicht zu beobachten. In der Langlebigkeitsforschung spielt der Cocktail inzwischen eine große Rolle.
Textgrundlage: https://de.wikipedia.org/wiki/Shin%E2%80%99ya_Yamanaka
* * *
Maxim Leo: Wir werden jung sein
Aus der Produktbeschreibung des Verlags Kiepenheuer&Witsch auf Amazon
Ihr Leben gerät aus den Fugen, als die Teilnehmer einer Medikamentenstudie an der Berliner Charité plötzlich jünger werden. Jakob ist gerade seiner ersten Liebe begegnet und verliert auf einmal jegliche Lust. Jenny wünscht sich seit vielen Jahren vergeblich ein Kind und wird plötzlich schwanger. Wenger, ein schwerkranker Immobilienpatriarch, verabschiedet sich mit einem rauschenden Fest von der Welt, um kurz darauf – zur Verzweiflung seiner Erben – wieder aufzublühen. Und Verena, die zweifache Olympiasiegerin über 100 Meter Freistil, hat ihre Profizeit längst hinter sich, als sie bei einem Schaukampf der Ex-Stars überraschend neue Rekorde aufstellt. Als die Öffentlichkeit von ihrer Verjüngung erfährt, überschlagen sich die Ereignisse.
Ein ungeheuer hellsichtiger Roman, der seinen Protagonisten voller Witz und Wärme durch das verrückteste Jahr ihres Lebens folgt. Und der wie nebenbei die großen ethischen und gesellschaftlichen Fragen stellt, die sich ergeben, wenn die weltweit auf Hochtouren laufende Forschung zur biologischen Verjüngung des Menschen Erfolg hat.
Drei Fragen an Maxim Leo
In Ihrem Buch werden fünf Menschen, die an einer medizinischen Studie der Berliner Charité teilnehmen, verjüngt. Wird ihr Leben dadurch besser?
Tja, das ist die Frage. Und die Antwort darauf wird vermutlich nicht nur für die Helden meines Romans, sondern für jeden Menschen auf der Welt eine andere sein. Die ewige Jugend, das ewige Leben ist zugleich eine ewige Sehnsucht des Menschen, da es zunächst sehr verlockend erscheint. Je länger man jedoch darüber nachdenkt, desto problematischer wird es. Wenn man allein daran denkt, wie schwer es uns fällt, in unserer heutigen Lebenszeit Sinn und Erfüllung zu finden, wie anstrengend wäre es wohl, 150 Jahre lang oder gar für immer glücklich sein zu müssen? Ganz abgesehen von den Problemen der Überbevölkerung, der sich selbst konservierenden Eliten und dem Ende der Renten- und Sozialsysteme.
Ihr Roman kommt wie Science Fiction daher, aber ist es das wirklich?
In der Wissenschaft scheint es mittlerweile Konsens zu sein, dass die Verjüngung des Menschen keine Frage des Ob, sondern nur noch des Wann ist. Optimisten sagen, in zehn bis fünfzehn Jahren werde es ein Medikament geben, mit dem man die biologische Uhr zurückdrehen kann, andere sind da skeptischer. Mich hat dieses Thema vor allem deshalb gereizt, weil es offenbar immer weniger Science Fiction ist. Fünfzehn Jahre ist es her, dass der japanische Zellforscher und Nobelpreisträger Shin’ya Yamanaka herausgefunden hat, wie man menschliche Zellen durch Reprogammierung verjüngen kann. Seitdem wird weltweit mit riesigen Budgets an der Entwicklung eines Verjüngungs-Medikaments gearbeitet. Dabei wurden bereits erstaunliche Fortschritte erzielt, wovon allerdings außerhalb der Wissenschaftswelt kaum jemand Notiz zu nehmen scheint.
Wenn Sie persönlich die Möglichkeit hätten, würden Sie das Medikament nehmen?
Ich denke schon, weil ich sehr neugierig bin und immer wissen will, wie es weitergeht. Ich hätte auch nichts dagegen, wieder ein paar mehr Haare auf dem Kopf zu haben, die verdammten Rückenschmerzen los zu sein und beim Fußball noch mal richtig sprinten zu können. 37 wäre ein schönes biologisches Alter, das ich sicherlich eine Zeit lang genießen könnte. Ich schätze allerdings, dass meine Kinder es nicht so toll finden würden, wenn wir auf einmal gleichalt wären und sie keinen Nachwuchs bekommen dürften, weil wir sonst zu viele auf der Erde sein werden.
Quelle: Maxim Leo: Wir werden jung sein auf Amazon ⋙ Link
Shinya Yamanaka, 2014
Foto: 文部科学省/Wikimedia
Lebensdaten
Shinya Yamanaka (japanisch Yamanaka Shin’ya; * 4. September 1962 in der Präfektur Osaka) ist ein japanischer Arzt und Stammzellenforscher. Er ist Direktor des Center for iPS Cell Research (CiRA) an der Universität Kyōto und Professor am Institute for Integrated Cell-Material Sciences ebenda. 2012 wurde ihm für die Entdeckung, dass ausgereifte Zellen in Stammzellen verwandelt werden können, gemeinsam mit John Gurdon der Medizin-Nobelpreis zuerkannt. In einem Interview vom 12. Dezember 2012 gibt Shinya Yamanaka an, dass die Lektüre der deutschen Science-Fiction-Serie Perry Rhodan wesentlichen Anteil daran gehabt habe, dass sein Interesse an der Wissenschaft geweckt wurde. (Wikipedia)
Illustration: 8385 auf Pixabay
Science-Fiction-Serie
Perry Rhodan ist der Titelheld der gleichnamigen deutschen Science-Fiction-Serie, die seit dem 8. September 1961 ununterbrochen wöchentlich in Form von Heftromanen mit einer Druckauflage von etwa 60.000 Heften (Stand: Jahr 2019) bei der Verlagsunion Pabel-Moewig, einer Tochter der Bauer Media Group, erscheint. Bisher sind mehr als 3.200 Hefte mit rund 190.000 Seiten erschienen. Ursprünglich nur als Heftserie gedacht, wurde Perry Rhodan in den folgenden Jahrzehnten mit über einer Milliarde verkaufter Hefte zur erfolgreichsten Science-Fiction- und Heftroman-Serie der Welt und zugleich zum ältesten, langlebigsten und meistgelesenen Produkt der deutschen Nachkriegsliteratur. Der Autor Andreas Eschbach hat darauf aufmerksam gemacht, dass Perry Rhodan, vom Umfang her etwa 560 Bänden Harry Potter oder 120 Bänden Krieg und Frieden entsprechend, tatsächlich sogar die längste fortlaufende Erzählung der Literaturgeschichte darstellt. (Wikipedia)
Maxim Leo, 2010
Foto: Anneli Salo/Wikimedia
Der Schriftsteller
Maxim Leo, 1970 in Ostberlin geboren, ist gelernter Chemielaborant, studierte Politikwissenschaften, wurde Journalist. Heute schreibt er gemeinsam mit Jochen Gutsch Bestseller über sprechende Männer und Alterspubertierende, außerdem Drehbücher für den Tatort. 2006 erhielt er den Theodor-Wolff-Preis. Für sein autobiografisches Buch Haltet euer Herz bereit wurde er 2011 mit dem Europäischen Buchpreis ausgezeichnet. 2014 erschien sein Krimi Waidmannstod, 2015 Auentod. 2019 erschien sein autobiografisches Buch Wo wir zu Hause sind, das zum Bestseller wurde. Maxim Leo lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Berlin. (Verlagstext)
Das Buch
Maxim Leo: Wir werden jung sein. 304 Seiten. Kiepenheuer&Witsch (2024) ⋙ Link