Schönes, aber falsches Bild: die Zukunft der Menschheit und des Planeten sieht keineswegs hoffnungslos aus. — Foto: Richard Reid auf Pixabay

Thomas Robert Malthus
Thomas Robert Malthus,
1833
Illustration: Wikimedia

Lebensdaten

Thomas Robert Malthus (* 13. Februar, nach anderen Quellen am 14. oder 17. Februar, 1766 in Wotton bei Dorking, in der englischen Grafschaft Surrey; † 29. Dezember 1834 in Bath) war ein britischer Ökonom, der zu den Vertretern der klassischen Nationalökonomie gezählt wird. Malthus war der Inhaber des ersten Lehrstuhls für politische Ökonomie in England, der 1805 am College der East India Company im englischen Hertford eingerichtet worden war. (Wikipedia)

 

Die Bevölkerungstheorie

In einer Kritik an der optimistischen Auffassung von William Godwin über die Vervollkommnungsfähigkeit der menschlichen Gesellschaft und deren prinzipielle Problemlösungskapazitäten hat Malthus in seinem Essay on the Principle of Population (1798) die Überbevölkerung als Problem einer sich entwickelnden Ökonomie und Gesellschaft herausgestellt. Malthus stellt es als augenscheinliche schicksalhafte Notwendigkeit dar, dass das menschliche Geschlecht blind dem Gesetz der unbegrenzten Vermehrung gehorche, während sich die Unterhaltsmittel, die es leben lassen, mit ihm nicht in denselben Proportionen vermehrten. Diese Tatsache erschien ihm als so erwiesen, dass er sich nicht scheute, sie als ein mathematisches Axiom zu formulieren. Er behauptete, dass die Menschen in geometrischer Progression und die Lebensmittel in arithmetischer Progression zunähmen. […] Es wird nach Malthus demnach ein Zeitpunkt eintreten, wo die Vorräte nicht mehr für die Erdbevölkerung ausreichen würden, wenn nicht jene Korrektive immer wieder dazwischen träten wie Krankheiten, Elend und Tod, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Malthus sprach damit sein wissenschaftliches wie moralisches Urteil über die Unglücklichen in einer Textpassage aus, die er in späteren Ausgaben zwar wieder getilgt hat, die aber als kennzeichnend gehalten wurde für den Geist seiner Lehre:

Ein Mensch, sagte er, der in einer schon okkupierten Welt geboren wird, wenn seine Familie nicht die Mittel hat, ihn zu ernähren oder wenn die Gesellschaft seine Arbeit nicht nötig hat, dieser Mensch hat nicht das mindeste Recht, irgend einen Teil von Nahrung zu verlangen, und er ist wirklich zu viel auf der Erde. Bei dem großen Gastmahle der Natur ist durchaus kein Gedecke für ihn gelegt. Die Natur gebietet ihm abzutreten, und sie säumt nicht, selbst diesen Befehl zur Ausführung zu bringen.

 

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„Genügsames Leben“

Wenn der Planet erstens physisch begrenzt ist, zweitens industrieller Wohlstand nicht von ökologischen Schäden entkoppelt werden kann, drittens die irdischen Lebensgrundlagen dauerhalft erhalten bleiben sollen und viertens globale Gerechtigkeit herrschen soll, muss eine Obergrenze für den von einem einzelnen Individuum beanspruchten materiellen Wohlstand existieren. Bezogen auf den Klimaschutz hieße dies, dass jedem Erdbewohner ein individuelles Kontingent an CO₂-Äquivalenten von nicht mehr als einer Tonne pro Jahr zustünde, um das Zwei-Grad-Klimaschutzziel bei 7,8 Milliarden Menschen zu erreichen. Daran, dass dieser Wert in Deutschland bei durchschnittlich 11 Tonnen CO₂-Äquivalenten liegt, lässt sich erkennen, welcher Reduktionsleistungen es bedarf. Hierzu dürfte es unerlässlich sein, zwischen Grundbedürfnissen und dekadentem Luxus zu unterscheiden. Demnach wären Flugreisen, Kreuzfahrten, übermäßiger Fleischkonsum, Autoverkehr, unnötiger Elektronik- und Textilkonsum, überdimensionierter Wohnraum der effizienteste und zugleich sozialpolitisch begründbarste Ansatzpunkt. […] Im Nahrungsmittelbereich erweisen sich Hausgärten, Dachgärten, Gemeinschaftsgärten und andere Formen der urbanen Landwirtschaft als Möglichkeit einer partiellen De-Industrialisierung. Weitere Möglichkeiten der Eigenproduktion reichen von der kreativen Wiederverwertung ausrangierter Gegenstände – z.B. zwei kaputte Computer ausschlachten, um daraus ein funktionsfähiges Gerät zu basteln – über selbst gefertigte Holz- oder Metallobjekte bis zur semi-professionellen Marke „Eigenbau“. […] Dazu sind drei Ressourcen nötig: Erstens handwerkliches Improvisationsgeschick, künstlerische und substanzielle Kompetenzen. Zweitens eigene Zeitressourcen, denn manuelle Verrichtungen, die energie- und kapitalintensive Industrieproduktion ersetzen, sind entsprechend arbeitsintensiv. Drittens sind soziale Netze und Reallabore wichtig, damit sich verschiedene Neigungen und Talente synergetisch ergänzen können.

Niko Paech: Genügsames Leben in der Postwachstumsökonomie, in: Mitteilungsblatt KAB München und Freising, Herbst/Winter 2022, S. 4-5