Hinweise auf Menschen
Uwe Lammla
Der Thüringer Dichter, Essayist, Verleger und Buchhändler wollte „mit der Unbefangenheit früherer Generationen die Melodien des Volksgeistes fortspinnen“. Sein Werk legt davon Zeugnis ab.
Der Gegenwart. — 21. März 2024
Ich habe niemals die Absicht gehabt, mit der Dichtung mein täglich Brot zu verdienen, und bin auch heute zufrieden, wenn die Umsätze die Druckkosten tragen. Es gibt Leute, die meinen, ich kokettierte mit der Armut, aber ich halte die Erfahrung von Not und Sorge für wesentlich für ein volksnahes Werk im christlichen Geiste.
Zum Gedenken an Uwe Lammla, der am 16. März 2024 in Thüringen starb, ein Auszug aus seinem Lebenslauf:
1979 wurde Uwe Lammla zum Wehrdienst auf den Erfurter Steiger einberufen. Die in Kirchenkreisen vorherrschende Ablehnung alles Militärischen brachte ihn auf einen Konfrontationskurs, der nach wenigen Monaten in der Psychiatrie und schließlich in der Entlassung endete. Auf Bewerbungen zum Studium wurde ihm nach dieser Eselei in offenem Hohn geantwortet.
Als er sich solcherart der Zukunft beraubt sah, wollte er nach West- oder Süddeutschland ausreisen. Um jedoch seines Vaters Besuchsreise zur silbernen Hochzeit seines Bruders in Dortmund nicht zu gefährden, verschob er dieses Unterfangen und begann eine Buchhändlerlehre. In dieser Zeit entstand die Gedichtsammlung »Fliederblüten«. In den frühen Gedichten wird deutlich, daß Uwe Lammla an die deutschen Romantiker anknüft und von Nachdichtungen der französischen Symbolisten geprägt ist.
1981 lernte Uwe Lammla zunächst die Gedichte Rolf Schillings und bald darauf auch den Autor persönlich kennen. Dieser machte ihn mit zahlreichen Werken von Autoren bekannt, die in der DDR nicht verlegt wurden, und die in der Tradition eine Brücke vom Jahrhundertbeginn bis zu Rolf Schilling und ihm selbst schlugen. Stellvertretend für viele seien Benn, Weinheber, George, Wolfskehl, Horst Lange, Oda Schaefer, Fritz Usinger und Ernst Jünger genannt.
Geistige Selbstbehauptung
Die Gedichtsammlung »Gefangener Schwan« stellt bereits wesentliche Linien vor, die in den späteren Büchern zur Entfaltung kommen: Schau und Deutung mythischer Gestalten, Landschaften der Seele, Initiationsreisen nach dem Muster der Gralslegenden, Meditationen zu Astrologie und Geschichtssymbolik und Maximen der geistigen Selbstbehauptung.
Im März 1984 reiste Uwe Lammla über Ludwigsstadt nach München aus. Für Rolf Schilling hatte er sich zum ersten Adepten und Propagandisten entwickelt, als er ihn verließ, versprach er die Veröffentlichung seiner Werke im Westen. Obwohl seine Vorstellungen über diesen Teil Deutschlands keineswegs unkritisch waren, erstaunte ihn dann doch die Gleichgültigkeit und Feindschaft gegenüber der traditionalen Dichtung.
In den achtziger Jahren entstanden die Gedichtfolgen »Weckruf und Mohn« und »Der Seerosenritter«. Die erste Sammlung besteht zu großem Teil aus Neufassungen älterer Entwürfe, die in Versen strengster formaler Fügung und hermetischer Dichte realisiert wurden. Oft ist nur der Titel und das Thema geblieben, das sich zudem nun der Gesamtsymmetrie der Sammlung unterordnet. Der Formalismus mag als Krisis gelten, stoffliche Erweiterung taten not. Im »Seerosenritter«, der Motive aus dem Gilgamesch-Epos und den Artuslegenden entwickelt, zeigt er zum ersten Mal seine Neigung zum deutschen Mittelalter, die später zu Hymnen auf die Reichsidee führt.
Verlag für eine Werkausgabe
Parallel zu diesen Produktionen entschloß sich Uwe Lammla nach der Weigerung diverser Verlage, Rolf Schilling zu publizieren, selbst einen Verlag für eine Werkausgabe mit zunächst acht Bänden zu gründen. Kurz bevor die Technologie des elektronischen Publizierens aufkam, erwarb er einen Compugraphic Editwriter, eine Fotosatzmaschine von sieben Zentnern Gewicht, die mit unstillbarer Gier teures Material fraß und ihn alsbald finanziell ruinierte. Es stand bereits das Papier in der Druckerei, als durch massive Änderungen der Orthographie ein erneuter Belichtungsgang die letzte Kreditwürdigkeit fraß.
In dieser verzweifelten Situation fiel die Berliner Mauer und dies schaffte bis zur Währungsunion Freiräume, an die vorher und nachher nicht zu denken war. Sieben Schilling-Bände wurden in dieser Frist in Zusammenarbeit mehrerer Firmen in Sachsen-Anhalt gefertigt. […]
Über 100 Neuerscheinungen
1995 gründete Uwe Lammla in München eine wissenschaftliche Buchhandlung, die im Jahre 2000 durch den Aufkauf eines Konkurrenten noch einmal maßgeblich vergrößert wurde. Wenige Jahre später brachte der Internethandel die teuren Ladenstandorte in Universitätsnähe in Schwierigkeiten, weshalb Uwe Lammla 2007 dieses Geschäft aufgab und wenig später wieder zurück nach Thüringen zog. Sein »Arnshaugk Verlag« hat seither über 100 Neuerscheinungen in Literatur, Geschichte und Philosophie produziert und unterhält seit 2011 die Literaturzeitschrift »Das Lindenblatt«. […]
Neben den neuen Gedichten entstanden seit 2008 eine Sammlung von Aufsätzen und Beiträgen in literarischen Zeitschriften. Sie zeigen ein völlig neues Selbstverständnis, ein offensives Aufsuchen der gesellschaftspolitischen Wirkmöglichkeiten. Gleichzeitig entstehen auch fremdsprachige Netzpräsenzen und überhaupt Übersetzungen in fremde Sprachen. Das wesentliche Ergebnis des Jahres 2009 ist jedoch der langerträumte Durchbruch im dramatischen Metier. Wesentlich dafür wurde die Frau an seiner Seite, denn das Weibliche stellt fraglos eine notwendige Voraussetzung des Szenischen dar. Mit der Liebe hat sich gleichzeitig die Rückkehr in die Heimat und eine neue Seßhaftigkeit finden lassen, daß ein konservativer Lebensentwurf greifbar wird.
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Wikipedia
Uwe Lammla
Uwe Lammla (* 21. Januar 1961 in Neustadt an der Orla; † 16. März 2024 ebenda) war ein deutscher Dichter und Verleger.
Leben
Lammla besuchte die Spezialklassen für Chemie der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg, wo er 1979 das Abitur ablegte. Sein Freund und Jahrgangsgenosse dort war Michael Schindhelm. Nach dem Wehrdienst absolvierte er eine Buchhändlerlehre in Leipzig und erlangte 1983 seinen Gesellenbrief als Buchhändler. Lammla arbeitete in der Volksbuchhandlung Pößneck.
Er reiste 1984 in die Bundesrepublik aus. Er lebte in München, studierte Philosophie und arbeitete als Buchhändler, u. a. in der Museumsbuchhandlung des Deutschen Museums.
Während seiner Bemühungen um die Herausgabe des dichterischen und essayistischen Werkes von Rolf Schilling gründete er 1986 den Arnshaugk-Verlag, benannt nach jenem Stadtteil seines Geburtsortes, in dem sein Elternhaus stand. 1995 gründete er eine wissenschaftliche Buchhandlung in München. Im Jahr 2009 zog er mit Verlag und Versandbuchhandlung zurück in seinen Geburtsort, wo er 2024 starb.
Dichtung
Neben Joachim Werneburg war Lammla der wichtigste Protagonist des von Rolf Schilling 1981 ausgerufenen Dichterkreises „Holdes Reich“. Aus Anlass einer Ausstellung des Literaturhauses Berlin schrieb der Rezensent des Tagesspiegels zu diesem Freundeskreis:
Tief in der teutonischen Mythenwelt, also sternenweit entfernt von jeder DDR-Realität, wurde in dieser elitären Veranstaltung an einer „Traum- und Gegenwelt zum herrschenden Verfall“ gebastelt. Man korrespondierte mit Ernst Jünger und Fritz Usinger, betrieb Nietzsche- und George-Kult. Gerade Unternehmen wie das „Holde Reich“ zeigen, dass die klandestine Literaturproduktion in der DDR noch lange nicht hinreichend bekannt ist.
Später löste sich Lammla zunehmend von seinem früheren Vorbild und fand zu einem eigenen literarischen Ausdruck. Ab 2008 entstanden neben den Gedichten auch Essays, Erzählungen und Versdramen, die überwiegend im eigenen Verlag publiziert wurden. Lammla war Mitglied des Freien Deutschen Autorenverbands und ab 2014 Vorsitzender des Arbeitskreises für deutsche Dichtung.
Verlagstätigkeit
Im Zusammenhang mit dessen Ausreise aus der DDR nahm Rolf Schilling Uwe Lammla das Versprechen ab, sich in Westdeutschland für eine Veröffentlichung seines Werks einzusetzen. Die vergebliche Suche nach einem Verlag ließ Lammla 1986 schließlich selbst zum Verlagsgründer werden. Die ersten sieben Bände der Schilling-Ausgabe des Arnshaugk-Verlags wurden 1990 beim jährlichen Treffen der Dichterfreunde an Friedrich Nietzsches Grab in Röcken vorgestellt. Dieses Ereignis wurde in einem Absolventenfilm der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam Babelsberg festgehalten.
Neben den dichterischen Werken Lammlas und Schillings publizierte der Arnshaugk-Verlag die Gesamtausgabe der Schriften von Hans-Dietrich Sander sowie Bücher der Autoren Wolf von Aichelburg, Jochen Gartz, Uwe Haubenreißer, Sebastian Hennig, Werner Bräuninger, Wolf Kalz, Adorján Ferenc Kovács, Uwe Nolte, Bernd-Ingo Friedrich, Baal Müller, Boris Preckwitz, Richard Reschika, Jürgen Schwab, Joachim Werneburg, Volkmar Weiss und Karl Wolfskehl.
Im Jahr 2015 erwarb Lammla von Baal Müller den Telesma-Verlag mit Veröffentlichungen von Michael Beleites, Reinhard Falter, Alfred Schuler, Gerhard Wehr, Alex Kurtagić und Friedrich Hielscher. Von 2011 bis 2018 erschien auf Initiative des Freien Deutschen Autorenverbands Thüringen jährlich im Arnshaugk-Verlag die Anthologie „Das Lindenblatt – Jahresschrift für Schöne Literatur“.
Quelle: Wikipedia-Artikel zu Uwe Lammla (Stand: 8.4.2024) ⋙ Link
Uwe Lammla
Foto: lammla.de
Traueranzeige für Uwe Lammla
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Lebensdaten
Uwe Lammla wurde 1961 in Neustadt an der Orla geboren, lebte von 1984 bis 2009 in München, seit Mai 2009 wieder in Neustadt. Mit 17 begann er zu dichten, größere Schübe gab es im Alter von 19 bis 23 Jahren, dann im Alter von 29 bis 35 Jahren und schließlich anhaltend seit dem 45. Lebensjahr. Die frühen Gedichte sind von Rilke, Trakl und den Romantikern beeinflußt, seit 1981 von Rolf Schilling. Zu Beginn der 90er Jahre entwickelte er vom Seerosenritter bis zum Traum von Atlantis eine eigene dichterische Welt, in der die Präsenz und Vertracktheit des Mythischen in sinnenfrohen Bildern gezeichnet wird. In den späten 90ern langsam wachsend, dann vom Jahre 2006 an in großer Dichte entstehen Gedichtbücher, in denen die Verbindung des Reichsgedankens mit dem Christentum zentral ist. Seit 2008 kamen essayistische Arbeiten mit literarischen, politischen und religiösen Themen dazu. Weiterhin entstand eine ganze Reihe von Versdramen mit antiken, mittelalterlichen und modernen Stoffen. (Arnshaugk)
Webseite Arnshaugk Verlag ⋙ Link
Uwe Lammla bei Arnshaugk ⋙ Link
Literaturzeitschrift Das Lindenblatt ⋙ Link
Verdeutlichung der Sache
Bis vor 50 Jahren dachten die Deutschen bei dem Wort „Gedichte“ zuerst an die Balladen Goethes und Schillers. Seither hat sich die öffentliche Wahrnehmung dieses Wortes bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet. Gedichte sind heute Spielereien, mit denen der Autor das Publikum zum Narren hält, Texte, die jenseits des Kausalprinzips und aller überprüfbaren Wertmaßstäbe siedeln. Kein Wunder, daß immer mehr Verlegern das Papier, immer mehr Buchhändlern der Regalplatz, immer mehr Lesern Zeit und Geldbeutel dafür zu schade sind. Dies liegt aber nicht am Gedicht an sich, sondern an den Scharlatanen, die sich dieser Kunst bemächtigt haben, und einer volksfremden Elite, die solche Elaborate hochjubelt. Echte Dichtung hat mit Fragen von allgemeiner Bedeutung zu tun, echte Dichtung gestaltet mit tradierten Rezeptionsgewohnheiten, echte Dichtung setzt die sprachlichen Mittel zur Verdeutlichung der Sache und nicht zur Verundeutlichung ein. Die Themen von Uwe Lammla sind die Heimat, das deutsche Volk und Reich, der christliche Glaube und seine antiken und germanischen Wurzeln. Er leitet die Dichtung vom Volkslied her, auch wenn er Form und Botschaft nicht simplifiziert. Seit einigen Jahren schreibt er außerdem Theaterstücke in Versen, die wohl sicher eher im Ausland aufgeführt werden als in Deutschland. (Verlagstext – Über den Autor)