Artefakte und Produkte
violettsays
das label für fröhliche frauen und furchtlose männer.
Der Gegenwart. — 21. August 2022
Michèle Mahal, Waltraud Holzfeind und Nicole Mahal möchten auf diesem Wege auch ein bisschen Feminismus unter die Leute bringen. Sie möchten Frauen ermutigen, nicht nur Kuschel-Witzchen am Shirt zu tragen, sondern auch mal wirklich Heftiges wie „Begatte mich und stirb!“. Kritische und selbstbewusste Frauen haben sich besonders in die Sprüche verliebt, die durch viel Selbstironie und den Widerstand gegen den Schönheits- und Schlankheitswahn entstanden sind: „Sind die alle magersüchtig oder bin ich einfach fett?“.
Bettina Geiersperger im Wiener Stadtmagazin stadtbekannt.at
Der Laden liegt in der Wiener Neustiftgasse, einer Gegend, wie geschaffen zum Bummeln und Entdecken. Nachher werden wir noch bei Thomas Bernhard landen, aber so weit ist es jetzt noch nicht. Wir stromern ja erst los im heiteren Wien, in der Neustiftgasse, einer Straße im 7. Bezirk Neubau, immer der Nase nach. An Thomas Bernhard denken wir hier nicht einmal, so beschwingt schlendert es sich mit kurzen Haltestellen. Das Auge lenkt die Füße, Halten an Stellen.
Mit bedruckten T-Shirts soll hier im Jahr 2001 das kleine Unternehmen violettsays begonnen haben. Das Sortiment wurde ausgebaut und heute werden auch auf der Webseite pfiffige Artikel in den Rubriken Accessoires, Geschenkideen, Baby/Kinder, Herren, Kleidung, Schmuck und Taschen angeboten – durchgängig in Kleinschreibung freilich.
Die Sprüche „haben die Freundinnen von violettsays selbst über viele Jahre gesammelt“, so informiert ein Artikel im Wiener Stadtmagazin. Auf alle verwendete „witzige, freche und skurrile Zitate“ haben aber die Damen die Hand drauf, denn die Webseite vermerkt: „© auf alle zitate und fotos by violettsays“. Nun, ein solcher Bericht wie im Wiener Stadtmagazin dürfte dann weder eines der Zitate verwenden, noch die Waren, die sicherlich bereits von glücklichen Käuferinnen davongetragen wurden und getragen werden, abbilden.
„im laufe unzähliger gespräche ergeben“
Auf dem Blog FashionTouri wird besser erklärt, was es mit dem Sammeln bei violettsays auf sich hat. Auf die Frage: „Was macht deine Marke einzigartig?“ gibt es die Antwort: „die zitate, die alle von mir und meinen freundinnen und freunden stammen und sich im laufe unzähliger gespräche ergeben haben.“
Wir sehen also mit einigem Unbehagen der strengen Auslegung dieser Warnung entgegen, kommen aber nicht umhin, hier unseren Lesern die Sympathie für die originelle Adresse irgendwie plausibel zu machen. Zur Besänftigung etwaiger Verfolgungsabsichten wollen wir also betonen, dass dieses Lädchen in der Neustiftgasse 23 zu den hübschesten Erinnerungen an einen Besuch in Wien gehört.
Vielleicht haben die selbstironischen, feministischen Sprüchesammlerinnen auch nur einen Gefallen am „©“-Zeichen gefunden und wollten das wie ihre anderen Funde irgendwo draufpappen, um auch den Besuchern ihrer Internetseite ein Schmunzeln zu verschaffen, wie sie das tagtäglich an ihren Schaufenstern erzeugen.
„ein notizbuch und ein kuli jederzeit griffbereit“
Sicherlich kein Copyright beansprucht die Bemerkung beim FashionTouri, dass „bei unseren treffen ein notizbuch und ein kuli jederzeit griffbereit“ wäre. Jeder Kreative weiß, dass manche geniale Idee im Nirwana verschwindet, wenn man sie nicht sofort auf einem Zettel festhält.
Nicht alle diese Sprüche aber sind witzig oder lustig. Auf einer handgefertigten, edelgrauen Mundnasenbedeckung ist ein schwarzer Streifen aufgenäht, darauf steht: „das leben ist zu kurz, um mit dir zu reden.“ – ein makabrer Satz, den wohl Thomas Bernhard vom Grinzinger Friedhof hergerufen haben könnte. Das Grinsen vergeht.
Und ich denke heute, die Menschen, die in unserem Leben wirklich etwas bedeutet haben, können wir an den Fingern einer Hand abzählen und sehr oft sträubt sich sogar diese eine Hand gegen die Perversität, in welcher wir glauben, eine ganze Hand zum Abzählen dieser Menschen heranziehen zu müssen, wo wir doch, wenn wir ehrlich sind, wahrscheinlich ohne einen einzigen Finger auskommen.
Thomas Bernhard in: Wittgensteins Neffe
Der bis hierher folgende Leser hat nun seine Verwunderung abgelegt, die darin ursächelte, dass eine so banale Angelegenheit wie ein netter Geschenke-Shop auf dieser Webseite Aufnahme gefunden hat. Wir haben etwas vom heiteren Wien gesehen. Wir haben arglos gelacht, bis wir auf den Wiener Schmäh getroffen sind. Gute Nacht, gnä’ Frau, habe die Ehre!
Quelle: fashiontouri.com über violettsays
Kontakt
violettsays shop
neustiftgasse 23
1070 wien
shop inhaberin: michèle mahal
Wiener Schmäh
Wiener Schmäh (kurz auch Schmäh) bezeichnet eine umgangssprachliche Wendung, die eine charakteristisch wienerische Art des Humors in der Kommunikation darstellen soll. Sie bezeichnet keine Schmähung, sondern bezieht sich auf eine allgemeine, in erster Linie sprachliche Umgangsform.
Wiener Schmäh wird bisweilen in Reiseführern mit Wiener Charme oder mit dem Wienerischen gleichgesetzt. Er gilt als hintergründig, indirekt und voller versteckter Anspielungen, oft auch als schwarzer Humor.
Der Schmäh setze eine „ironisch-zynische Distanzhaltung voraus “ und wird oft in Zusammenhang mit dem „kulturell Fremden“ geführt: Entweder von den Zuagrasten selbst oder über sie.
Der Kabarettist Reinhard Nowak bezeichnete ihn als derb-liebenswerte und meist nicht ganz ernst gemeinte Form des Miteinanders. Der Kabarettist und Schauspieler Josef Hader schloss eine gewisse Unfreundlichkeit nicht aus. (Nach Wikipedia)